Elliott Sharp’s Terraplane
: Blues zur Zeit

ELLIOTT SHARP ist Gitarrist, Komponist und Bandleader aus New York

taz: Herr Sharp, wie sind Sie zum Blues gekommen? War das schon immer etwas, was Sie gespielt haben, oder kam das erst später in Ihrer Karriere?

Elliott Sharp, Gitarrist und Bandleader von „Terraplane“: Ich hörte Blues zum ersten Mal durch die „Yardbirds“ und die „Rolling Stones“, und ab 1968 grub ich nach ihren Quellen sowohl auf Schallplatten als auch indem ich alles gelesen habe, was mir über die klassischen Blues-Musiker aus Chicago und Texas und die akustischen ländlichen Bluesmusiker, vor allem Robert Johnson, Charley Patton, Skip James, Big Joe Williams und Son House, begegnet ist. Slide-Gitarre zu hören berührte mich tief, und als ich 1968 selbst zu spielen begann – erst akustisch, später elektrisch – begann ich sofort ein Reagenzglas aus meinem Chemiebaukasten zu benutzen, um die Sounds nachzuahmen, die ich gehört hatte. Das war einfacher, als Tonleitern und Akkorde zu lernen, und so konnte ich anfangen, Musik zu machen. Ich begann, die Techniken der Blues- und Rockgitarre zu lernen, während ich zur gleichen Zeit mit Präparationen, erweiterten Techniken und selbstgebauter Elektronik experimentierte – alles Auswüchse meines Interesses für Science Fiction und die Avantgarde. Ein Mitarbeiter der National Science Foundation der Carnegie Mellon Universität gab mir die Gelegenheit, nachts als DJ für die College-Radio-Station zu arbeiten und ich konnte mich durch eine großartige Sammlung von verblüffend verrückter und wundervoller Musik und einer Menge Blues und Free-Jazz, Ornette Coleman und John Coltrane graben.

Auf Ihrem neuen Album „Forgery“ (deutsch: „Fälschung“) gibt es einen „Katrina Blues“, ein Song heißt „War Between The States“, der Albumtitel weist möglicherweise auf die Vorgeschichte des letzten Irakkriegs hin. Meinten Sie, dass ein politisches Album wie dieses eine direktere musikalische Herangehensweise erfordert? Eine, die sich nicht so sehr in formalen Experimenten ergeht?

Alle meine Alben haben einen politischen Inhalt, auch wenn er oft stark verschlüsselt ist. Ich dachte bei dieser Platte in erster Linie an gutes Songwriting. Ich schrieb „Tell Me Why“ in ungefähr fünf Minuten – die Musik und den Text – während ich heimging, nachdem ich in der Zeitung über eine Grausamkeit gelesen hatte, die als wundervoller Erfolg für irgendeinen Konzern dargestellt wurde. „War Between The States“ bezieht sich eher auf die aktuellen tiefen Grenzen zwischen den Bevölkerungsteilen hier in den USA – es wird oft als Links gegen Rechts dargestellt, aber ich sehe es also Oben gegen Unten oder einfach Reich gegen Arm – die Entwicklung eines neuen Feudalismus auf der Welt.

Fragen: Andreas Schnell

Samstag, 20 Uhr, Radio Bremen Sendesaal