OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Der 1932 in Dresden geborene Maler Gerhard Richter ist nicht nur einer der weltweit geachtetsten Gegenwartskünstler, er gilt auch als notorisch öffentlichkeitsscheu. In seinem Fall erscheint dies nicht als Koketterie – er hält seine Kunst einfach für unerklärbar: Gute Kunst, so gibt er in dem filmischen Porträt „Gerhard Richter Painting“ zu verstehen, sei für ihn nur die uneindeutige, die man nicht versteht. Die Dokumentation von Regisseurin Corinna Belz ist deshalb vor allem ein geschickter Versuch, der Einstellung des Malers zur Kunst nahe zu kommen. Dazu zeigt sie ihn sehr ausführlich bei der Arbeit an großformatigen abstrakten Gemälden, was ebenso wie verschiedene andere Anlässe immer wieder Gelegenheit zur Reflexion gibt: über „das Heimliche in der Kunst“, ihren Wahrheitsgehalt, die Ratlosigkeit vor der Leinwand. „Bilder machen, was sie wollen“, sagt Richter an einer Stelle einmal. Andere Schaffensperioden (wie etwa die fotorealistischen Gemälde, mit denen Richter berühmt wurde) werden en passant in den Film ebenso eingeflochten wie Interviews aus den 60er Jahren, ein Gespräch mit einem Kunsthistoriker und biografische Notizen – doch diese Passagen stehen nicht als erratische Blöcke, sind kein Selbstzweck, sondern erhellen Richters Wesen: Das Ansehen alter Familienfotos dient bei ihm nicht der Nostalgie, sondern der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Fotografie und Wirklichkeit. Richter befindet sich unentwegt im Dialog: mit den Dingen, den Menschen, der Kunst. (6. 10.–12. 10. Babylon X’berg, Hackesche, Neue Kant, 6. 10.–8. 10., 10. 10.–12. 10. Brotfabrik, 9. 10. Delphi, International)

Der Umzug aufs Land bringt für den kleinen Lillebror Probleme mit sich: keine Freunde, der große Bruder in der Schule, die Eltern berufstätig – zwangsweise bleibt er allein. Glücklicherweise fällt ihm ein kleiner Ast in Form eines Männchens in die Hände, der in seiner Fantasie lebendig wird. Der norwegische Kinderfilm „Mein Freund Knerten“ von Asleik Engmark setzt auf bekannte Topoi der Gattung, siedelt seine Geschichte dabei in einem leicht irrealen 60er-Jahre-Setting an. Statt Bullerbü-Harmonie scheinen auf den pfiffigen Lillebror hier allerdings lauter kleine Bedrohungen zu lauern, die sich dann aber nie wirklich realisieren. (8. 10. Filmkunst 66, 8./9. 10. FT F’hain)

Ganz anders geht der tschechische Regieveteran Vaclav Vorlicek seinen Kinderfilm „Die Seekönigin“ an. Die Märchenverfilmung nach Motiven von „Schwanensee“, in der ein herzallerliebster Prinz eine Prinzessin aus der Gewalt der bösen Seekönigin befreit, kommt im klassischen Gewand und mit dem simplen Charme einer Weihnachtsmärchenaufführung daher – auch wenn es tatsächlich einigen technischen Aufwands bedurfte, um die Unterwasserwelt der Seekönigin entstehen zu lassen. Über Wasser sieht alles ein wenig aus wie bei Bayernkönig Ludwig: mit einem neogotischen Schloss im Zuckerbäckerstil, darin Prinzeneltern, die schon beim Frühstück in vollem Staatsornat und mit der Krone auf dem Kopf herumsitzen. (8./9. 10. Regenbogen Kino) LARS PENNING