Fünf tolle Tage an der Küste

Sie ist wie ein Naturereignis an Schleswig-Holsteins Westküste: Die weltgrößte Windmesse in Husum sorgt dort für einen echten Ausnahmezustand. Sogar einen Stau hat es schon gegeben

AUS HUSUM SVEN-MICHAEL VEIT

Die beiden Herren aus Korea scheinen ernsthaft interessiert zu sein. Aufmerksam lauschen sie am Stand einer Augsburger Elektrotechnikfirma den Ausführungen ihres Gesprächspartners. Auf 50 Jahre Erfahrung mit „Schleifringübertragern“ verweist er, und die wesentlichen Fakten gibt es selbstredend auch in bunten englischsprachigen Prospekten. Die Herren aus Korea blättern und nicken.

Alle zwei Jahre versetzt die Husumwind die Kleinstadt am Wattenmeer in den Ausnahmezustand. Etwa 17.000 Messebesucher erwarten die rund 23.000 Einwohner der nordfriesischen Metropole während der tollen fünf Tage von Dienstag bis zum Samstag, alle Hotels der Stadt und in weitem Umkreis sind seit langem ausgebucht, die Restaurants und Kneipen sind jeden Abend voll, und die Droschkenunternehmen der Region fahren Sonderschichten. „Gestern Nachmittag hatten wir hier einen Stau“, erzählt der Taxifahrer auf dem vier Kilometer langen Weg vom Hauptbahnhof zum Messegelände dem Journalisten aus Hamburg: „Das kommt hier echt nicht alle Tage vor.“

Aus kleinen Anfängen 1989 in einer ehemaligen Viehauktionshalle wurde die größte Windenergiemesse der Welt. 640 Aussteller sind es in diesem Jahr: neuer Rekord. Die Ausstellungsfläche vor den vier festen Hallen wurde mit Zelten und Containern auf über 15.000 Quadratmeter erhöht: neuer Rekord. Mehr als 30 Länder sind in diesem Jahr vertreten: neuer Rekord. China ist schon lange Stammgast, und dieses Mal ist auch Konkurrenz aus Taiwan nach Nordfriesland gekommen.

Die USA und Frankreich sind stark vertreten mit eigenen Länderpavillons, der Ontario Investment Service preist die ostkanadische Provinz in Hochglanzbroschüren („auf Recyclingpapier“) in Englisch und ausgezeichnetem Deutsch als „Standort für globale Unternehmen der Zukunftsindustrien“ – die Windenergie ist eine von ihnen.

Und sie ist eine, die Arbeitsplätze schafft. Rund 80.000 sind es zurzeit in Deutschland, gab der Bundesverband Windenergie gestern auf der Messe bekannt. Bis 2020 sollen nach Schätzungen der Branche etwa 36.000 weitere hinzukommen. Und das nicht nur in rein technischen Belangen wie die Herstellung neuartiger „Aluminium Anodes“. Die seien, wenn man der Herstellerfirma glaubt, wahre Wunderwerke bei der Sicherung von Ölplattformen – oder eben künftig Offshore-Windmühlen – gegen allzu raue See.

Nein, auch die Dienstleistungsbranche knüpft Kontakte auf der Husumwind. So wie jene „Attorney at Law“ – früher: Rechtsanwältin – aus Osnabrück, deren Kanzlei sich spezialisiert hat auf „Renewable Energy Law“ und angrenzende Rechtsprobleme. Oder der Versicherungsmakler von der nahen Halbinsel Eiderstedt, der dem „lieben Windmüller“ eine der richtig guten Nachrichten dieser Messe verkündet: Deutschlands erste Rechtsschutzversicherung für Betreiber von Windenergieanlagen „ist endlich da“.

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