MATTHIAS LOHRE ÜBER DEN FDP-MITGLIEDERENTSCHEID ZUR EURO-RETTUNG
: Schwarz-Gelb zerbricht nicht

Freidemokraten wissen: Die deutsche Wirtschaft profitiert unterm Strich immer von Europa

Nun soll es also tatsächlich bevorstehen: das von manchen befürchtete und von vielen ersehnte Zerbrechen von Schwarz-Gelb. Den letzten Anstoß dazu gibt demnach der Mitgliederentscheid der FDP. Dabei stimmt die Parteibasis bis Jahresende über die Frage ab, ob sie für oder gegen die Einrichtung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM ist. Anfang 2012 will die Regierung ihn beschließen. Zwar zürnen tatsächlich viele einfache FDPler ihrer Führung. Aber die Koalition wird darüber nicht zerbrechen.

Der Mitgliederentscheid des Finanzpolitikers Frank Schäffler beschränkt sich auf ein bloßes Nein zum permanenten Euro-Rettungsschirm. Und auf die Forderung nach Regelungen, die einen Austritt eines Landes aus der Eurozone ermöglichen. Das ist der inhaltliche Haken. Denn mit einer Stimme gegen den ESM votierten die Freidemokraten gegen ebenjenes Instrument, das dringend nötige Regeln für Insolvenzen von Eurostaaten erst schafft.

Ein trotziges Nein zu einer diffusen Bedrohung wird immer Befürworter finden. Doch wenn es etwas gibt, das die FDP-Mentalität abseits von Steuersenkungen prägt, dann ist es die pragmatische Einsicht, dass die deutsche Wirtschaft unterm Strich stets von Europa profitiert hat. Sollte dies nicht reichen, um ein Nein zum ESM zu verhindern, dann wird etwas anderes die Regierung zusammenhalten: ihr blanker Überlebenswille.

Die FDP-Führung hat gelernt von der Meisterin der minimierten Erwartungshaltungen. Angela Merkel ignoriert vermeintliche Kanzlerinnendämmerungen einfach. So will es nun auch ihr Koalitionär halten. Rainer Brüderle erklärte, dass ihn die Meinung seiner Parteifreunde nicht schert: Die Abstimmung habe nur eine „Binnenwirkung“ für die Partei. Das Ergebnis einer Mitgliederbefragung entspricht einem Parteitagsbeschluss. Was dieser im Zweifel wert ist, ist bekannt. Die FDP ist in der Dauerkrise. Lebensmüde ist sie noch nicht.

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