Tiefere Elbe, höhere Kosten

ELBVERTIEFUNG Die Ausbaggerung wird sehr viel teurer als bekannt, warnen die Grünen und Umweltschützer. Der Hamburger Senat bleibt bei seinen Zahlen – die sind allerdings sieben Jahre alt

„Wir können nicht länger gegen den Fluss arbeiten“

EBERHARD BRANDES, WWF

Die geplante Elbvertiefung droht sehr viel teuer zu werden, als von offizieller Seite bisher dargestellt. Kosten von „mindestens 519 Millionen Euro“ hat der wirtschaftspolitische Sprecher der Hamburger Grünen, Anjes Tjarks, errechnet. Das wäre deutlich mehr als die veranschlagten 385 Millionen Euro. Dem Senat der Hansestadt wirft er deshalb vor, „die realen Kosten zu verschweigen“.

In seiner Antwort auf eine entsprechende Anfrage von Tjarks hat der Senat eingeräumt, noch immer auf Grundlage der Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) von 2004 zu arbeiten. Eine neuere Berechnung liege nicht vor, die sieben Jahre alten Zahlen halte er „nach wie vor für tragfähig“. Tjarks hingegen hält diese Rechnung für „veraltet und nicht belastbar“.

Inzwischen seien zwei zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen „Altenbrucher Bohm“ und „Kreetsand“ hinzugekommen, die in den alten Kostenschätzungen nicht enthalten sind. Die Kosten dafür beliefen sich nach offiziellen Aussagen auf zusammen 109 Millionen Euro. Weitere Kosten von mindestens 25 Millionen Euro würde die stärkere Versalzung der Elbe durch bei Flut vermehrt einströmendes Nordseewasser verursachen.

Zudem dürften weitere Kosten für ökologische Maßnahmen im Moorburger Hafen, an der Unterelbe und bei Zollenspieker entstehen. Der Elbefonds zur Schlickbaggerung in den Sportboothäfen an der Unterelbe sowie inflationsbedingt gestiegene Baukosten kämen hinzu. Abgesehen von der Elbphilharmonie gebe es „kein Bauvorhaben, das so intransparent geplant wird wie die Elbvertiefung“, sagt Tjarks.

Das sieht Senatssprecher Jörg Schmoll anders. Der Kostenrahmen von 385 Millionen Euro gelte weiterhin. Davon trage Hamburg 137 Millionen Euro, den größeren Rest zahle der Bund. Daran habe sich nichts geändert.

„Die Kosten explodieren, Parlament und Öffentlichkeit werden darüber nicht ausreichend informiert“, empört sich die Naturschutzorganisation BUND. „Die ökologisch unvertretbare Elbvertiefung wird nun auch ökonomisch unhaltbar“, befindet der Hamburger BUND-Chef Manfred Braasch: „Angesichts maroder Haushalte sollte das Projekt Elbvertiefung aufgegeben werden.“

Auch die Umweltstiftung WWF befürchtet, eine weitere Vertiefung würde „die Situation der Elbe noch einmal deutlich verschlechtern“. Der Bundesvorsitzende Eberhard Brandes fordert deshalb: „Wir können nicht länger gegen den Fluss arbeiten.“ Deshalb werde der WWF „sämtliche Mittel ausschöpfen, um diese Planungen zu verhindern“.

SVEN-MICHAEL VEIT