Elite-Ausbildung für Architekten

Der Architekt Meinhard von Gerkan, plant in Hamburg eine private Architekturakademie für besonders begabte Studenten. Erst vor knapp zwei Jahren hat der Senat eine neue Architekturhochschule geschaffen, die gerne exzellent werden würde

Seit mehr als 40 Jahren planen die Architekten von Gerkan, Marg und Partner Gebäude aller Art in nahezu allen deutschen Großstädten. Zu den berühmten Projekten des Büros gehören die Flughäfen Berlin-Tegel und Hamburg, das Olympia-Stadion in Berlin, das Rheinenergie-Stadion in Köln sowie der Berliner Hauptbahnhof, der des Öfteren in den Schlagzeilen war. Architekt Meinhard von Gerkan hatte die Deutsche Bahn wegen Urheberrechtsverletzung verklagt, da statt einer Gewölbedecke im Untergeschoss eine Flachdecke gebaut worden war. Das Berliner Landgericht gab von Gerkan in erster Instanz Recht. Anfang des Jahres brachen zwei tonnenschwere Stahlträger aus der Fassade des Gebäudes heraus. Im Ausland ist GMP vor allem in China aktiv, wo sie vom Reißbrett weg die Stadt Lingang New City geplant haben. Auch in Russland, Italien, Spanien, Lettland, Luxemburg und der Türkei hat das Architekturbüro Gebäude entworfen.  STL

VON GERNOT KNÖDLER

Die Hafencity-Universität (HCU), mit der der Hamburger Senat in der Architekturausbildung Maßstäbe setzen möchte, bleibt nicht allein. Meinhard von Gerkan, der Architekt des Berliner Hauptbahnhofs, stellte jetzt das Konzept für eine Architekturakademie (Academy for Architectural Culture – AAC) vor. Die private Akademie der Architektensozietät Gerkan, Marg und Partner (GMP) richtet sich an besonders begabte StudentInnen und soll die von Gerkan wahrgenommenen „erheblichen Defizite“ in der deutschen Architekturausbildung beheben. Unklar ist, ob das Projekt mehr Ergänzung oder Konkurrenz zu der im Aufbau befindlichen HCU sein wird.

Hamburg versucht, sich auf dem Gebiet der Architektur einen besonderen Ruf zu erwerben. Die Stadt ist stolz auf ihre selbst empfundene Schönheit. Mit dem Entwicklungsprojekt „Hafencity“ hat sie die Aufmerksamkeit von Investoren aus der ganzen Welt gewonnen. Das vom CDU-Senat ausgegebene Leitbild „Wachsende Stadt“ tat ein übriges, das Bild von einer dynamischen Metropole zu erzeugen. Die Architektenschaft hat vor einigen Jahren ein Architekturzentrum gegründet und diskutiert regelmäßig, wie Hamburg zu bauen sei. Darüber hinaus laufen die Vorbereitungen für eine Bauausstellung im Jahr 2013.

Der Senat versucht, dieses fruchtbare Umfeld zu nutzen, um auch die Architekturausbildung für die Standortwerbung zu nutzen. Teile der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) und der Technischen Universität (TU) Harburg sollen zur Hafencity-Universität zusammenwachsen, wo Architektur, Bauingenieurwesen sowie Stadtplanung und Geomatik gelehrt werden. „Methodisch verbindet die HCU künstlerische, technische und sozialwissenschaftliche Methoden und Interessen, die von der Theorie bis zur praktischen Anwendung reichen“, heißt es in einer Selbstdarstellung.

Auf die Anwendung legen GMP bei ihrer Akademie besonderen Wert: Diese solle sich „von allen experimentell-theoretischen Akrobatikakten der Architekturästhetik bewusst distanzieren und den Praxisbezug und den Nutzen für die Gesellschaft in den Vordergrund stellen“.

In der Akademie sollen zwischen 64 und 128 ausgewählten StudentInnen studienbegleitend oder auf das Studium aufbauend eine „streng umrissene Professionalität“ vermittelt werden. Ziel dabei sei es, „die von GMP vertretene Architekturauffassung weltweit bekannt zu machen und in die Tat umzusetzen“. Parallel soll die Akademie in der Öffentlichkeit und bei der Politik für gute Architektur werben. Zum Teil soll sie sich durch eine Zuarbeit zu den internationalen Projekten von GMP finanzieren. In solchen Projekten ließen sich fortgeschrittene Studenten gut ausbilden.

„Wir sehen in der Gründung eine sinnvolle Ergänzung eines Universitätsstudiums“, sagte der Präsident der HCU, Steven Spier. „Solange nicht klar ist, in welchem Format diese Schule gegründet wird, möchten wir sie nicht als Konkurrenz ansehen“, ergänzte seine Referentin Natascha Tummeley.

Auch die Wissenschaftsbehörde vermutet, dass sich die beiden Institutionen nicht ins Gehege kommen werden. „Das wird sich nicht überschneiden“, sagt deren Sprecher Janis Eitner. Zwischen der Behörde und GMP habe es nur Vorgespräche gegeben. Eine finanzielle Unterstützung durch den Staat, wie sie von GMP als notwendig erachtet wird, sei nicht ausgeschlossen.

Euphorisch reagiert Volker Roscher, der Geschäftsführer des Bundes Deutscher Architekten (BDA) Hamburg auf die Akademie-Pläne. „Etwas besseres kann uns nicht passieren“, findet er. Die private Initiative stärke die Relevanz der Architektur und die Debatte darüber, zumal GMP bewiesen hätten, dass sie das Bauen und Planen perfekt beherrschten. Die Akademie und die HCU könnten sich gut ergänzen.

„Einer Hochschule mit einer solchen historischen Hypothek kann es nur nützen, wenn sie von einer kleinen, kompromisslos auf Exzellenz getrimmten Architekturschule Konkurrenz erhält“, sagt Konstantin Kleffel, der Präsident der Hamburgischen Architektenkammer. Die HCU hat es zwar geschafft, bei der deutschen Exzellenz-Initiative in die zweite Auswahlrunde zu kommen. Sie muss aber erst noch zusammenwachsen.

Kleffel vermutet, die Akademie-Ausbildung könnte an den Bachelor anschließen, den die HCU-StudentInnen im ersten Schritt erwerben. Die besten Bachelors hätten dann die Möglichkeit zu erstklassigen Architekten zu werden. Kleffel sieht in dem Bachelor-Master-System ein Handicap der HCU: Weil sie viele Bachelors ausbilden müsse, litten die Ausbildungskapazitäten für die Master. Das könnte die Akademie ausgleichen und damit den Büros qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung stellen. „Leute mit Schmalspur-Ausbildung können wir nicht brauchen“, sagt Kleffel. Nur die wenigsten Bachelors hätten die Chance auf einen Job.