LESERINNENBRIEFE
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Einen Ouzo auf die Griechen!

■ betr.: „Griechenland rückt nach links“, taz vom 26. 1. 15

Ich freue mich über den Sieg der Linken in Griechenland. Endlich hat ausgerechnet das Land, aus dem die Urform der Demokratie stammt, ganz Europa gezeigt, dass es so wie bisher nicht weitergehen darf! Nicht nur Brüssel, sondern vor allen Dingen Berlin wurde abgestraft! Das rigorose Spardiktat der Kanzlerin Merkel, das die Armen noch ärmer und die Reichen noch reicher macht, ist nicht nur von den Griechen abgewählt worden. Schon stehen die Spanier in den Startlöchern, denn auch hier hat die Linke, nach ihrer Gründung von vor einem Jahr, bereits 28 Prozent Zustimmung erreicht. Andere europäische Länder werden folgen.

Und was ist mit Deutschland? Hier lässt man sich nach wie vor von den nichtssagenden Phrasen der Kanzlerin einlullen und vertraut auf die Zukunft. Da trinke ich lieber einen Ouzo auf die Griechen!

THOMAS HENSCHKE, Berlin

Treuherzig und privat

■ betr.: „Erst zur Hetze, dann zu Herbert“, taz vom 26. 1. 15

Wer noch nach Gründen suchte, warum die SPD immer unwählbarer wird, bekommt sie jetzt vom Chef persönlich geboten. Während sich in der ganzen Republik zunehmend massiver Widerstand gegen die Menschen verachtende Hetze der eigenartigen Pegida-Bewegung in Dresden zeigt, setzt sich Gabriel treuherzig und privat mal eben mit den Hetzern zusammen. Ganz so als habe er von der üblen Beschimpfungen und den rechtsradikalen Ausfällen aus diesem Kreis noch nie was gehört. Wessen Stimme will er damit denn gewinnen?

Seine Generalsekretärin sagt sehr kluge Sätze und berichtet gleichzeitig von übler Hetze gegen sich, weil ihr Name „irgendwie anders“ klingt. Doch scheinbar redet Gabriel nicht mit jeder in seiner Partei.

Es gibt keine Gründe, Rassisten und Hetzer hoffähig zu machen.

UWE BARKOW, Frankfurt am Main

Repräsentationslücke

■ betr.: „Nicht nur reaktionäre Ossis“, „Das sind meine Leute“, taz vom 24. 1. 15

Antje Hermenau soll bitte einmal erklären, wer und wie viele diejenigen sind, „die Pegida stark machen, ohne fremdenfeindlich zu sein“, wo doch Pegida die Fremdenfeindlichkeit mit dem Popanz „Islamisierung“ schon im Namen trägt. Und der offensichtlich im Sinne von Pegida geläuterte „Lügenpresse“-Vertreter Peter Unfried sollte bitte näher ausführen, was Professor Patzelt mit „in der Einwanderungs- und Integrationspolitik ‚über die Wirklichkeit so diskutieren, wie sie in den Augen aller Betroffenen aussieht‘“, konkret meint.

Im Übrigen ist pauschales Misstrauen gegen Politik und Presse ein typischer Ausdruck rechtsradikaler Gesinnung – und zu der wird man nicht gedrängt, sondern für die entscheidet man sich. Ja, eine Repräsentationslücke besteht hier durchaus, seit die CDU/CSU keinen Dregger-Flügel mehr hat und es die „Republikaner“ nicht mehr gibt. Aber Halt, die neueste Entwicklung birgt Hoffnung für die völkische Klientel: Sachsens Ministerpräsident Tillich, mit dem Frau Hermenau ja nur zu gern koaliert hätte, zeigt großes Verständnis für Pegida, während der Islam für ihn explizit nicht zu Sachsen gehört.

VOLKER SCHEUNERT, Hamburg

Religionen sind normativ

■ betr.: „Der Luther des Islam“ v. Hilal Sezgin, taz vom 21. 1. 15

Offensichtlich ging es der Autorin weniger darum, die Bedeutung des von ihr so gelobten Abu Zaid aufzuzeigen und nachzuweisen, sondern viel mehr darum, den „Hochmut der Säkularen“ zu geißeln: Vorwürfe gegen Areligiöse nehmen etwa zwei Drittel ihres Artikels ein. Dabei trifft es doch schlicht und einfach zu, dass „Gläubige“ etwas „für wahr (halten), für das es keine Beweise gibt“ – oder, anders ausgedrückt: In jeder Religion gibt es einen Kern, der einem rationalen Diskurs entzogen ist. Diese Feststellung hat gar nichts mit „Hochmut“ zu tun; ich kann auch nicht erkennen, dass die Autorin sich bemüht hätte, diese Kritik zu widerlegen. Dass Areligiöse dazu neigen, alles abzulehnen, was „alt“ ist, ist – mit Verlaub – schlicht Unsinn; aber andererseits kann man bekanntlich auch nicht alles gut finden, was „alt“ ist. Dass Religionen mit Kultur zu tun haben, ist eine Binsenweisheit, aber nicht alles, was zu einer Kultur gehört, ist allein deswegen schon wertvoll.

Der Vergleich mit kulturellen Errungenschaften wie Kunst und Musik lässt leider die Tatsache außer Acht, dass Religionen in der Regel ihren Anhängern bestimmte Handlungsweisen vorschreiben beziehungsweise verbieten – bei Musik und Malerei ist das nicht der Fall. Religionen sind normativ; mit „Beten“ allein ist es ja nicht getan.

Das Argument, dass „areligiöse Leute“ nur deswegen Spott oder Unverständnis gegenüber religiöser Gläubigkeit aufbringen, weil sie sich niemals mit Religion beschäftigt haben, geht leider stark an der Realität vorbei: Viele meiner Bekannten (und auch ich selbst) waren einmal stark in einem religiösen Milieu verwurzelt und haben sich auch zeitweilig weitgehend mit religiösen Leitbildern identifiziert, haben sich aber im Laufe ihres biografischen Werdegangs befreit und sind so Atheisten oder Agnostiker geworden. Unsereinem kann doch niemand vorwerfen, dass wir uns nicht „eingehend“ mit Religion „beschäftigt“ hätten! Ganz im Gegenteil: Wir kennen das, was wir ablehnen, recht gut!

Leider weiß ich jetzt immer noch nicht so recht, worin der besondere Wert der Schriften des Abu Zaid besteht. Inwiefern war er denn ein „muslimischer Luther“? Diesen Vergleich möchte ich doch gern etwas näher erläutert haben. Schade. WINFRIED SCHUMACHER, Köln