Der Umbauer

An Benoît Laportes Augenbrauen lässt sich ganz gut ablesen, ob die Sinne des 51 Jahre alten Trainers des Eishockeyklubs Hamburg Freezers geschärft sind. Bei Fragen von Journalisten, die recht früh auf einen kritischen Kern schließen lassen, legt der in Montreal geborene Kanadier gerne mal die Stirn in Falten. Es kommt jedoch höchst selten vor, dass Laporte die Stimme erhebt. Er ist nach außen ein ruhiger Vertreter seines Fachs, der aber gegenüber der Mannschaft sehr bestimmend auftreten kann. Auch in dieser Hinsicht gibt es eine gewisse Ähnlichkeit mit Thomas Schaaf, dem Trainer des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen.

Laporte trägt keine Mickey-Mouse-Krawatte, wie dies sein direkter Vorgänger Paul Gardner getan hat. Er ist auch nicht so exzentrisch wie Vorvorgänger Bill Stewart. Laporte ist unaufgeregt. Und sein Erfolg bei den Freezers kann sich sehen lassen.

Als er im Dezember 2010 das Traineramt übernahm, waren die Hamburger in der Deutschen Eishockey-Liga nicht mehr als ein Punktelieferant. Die Mannschaft war schlecht zusammengestellt worden. Es gab keinen Spielwitz. Das Team schaffte es nicht, das Minimalziel – die Vorqualifikation für die Play-offs – zu erreichen. Die Freezers waren gefangen in Tristesse. Platz 14 und Platz elf waren die Abschlussplatzierungen der letzten beiden Spielzeiten.

Zusammen mit Sportchef Stephane Richer machte sich Laporte daran, das Team der Freezers neu zusammenzustellen. Der Umbruch fiel radikal aus. Von den Spielern des aktuellen Teams stammt nicht ein einziger aus dem Kader der Saison 2009/10. 16 Profis – unter anderem der Kapitän Alexander Barta – mussten den Klub verlassen. Zwölf neue Akteure kamen und die Mischung scheint zu stimmen. Die Hamburger Freezers wurschteln nicht mehr auf dem Eis, sie spielen tatsächlich richtig gutes Eishockey, mit Raffinesse und Tempo. Zu sehen war das wieder am vergangenen Freitag in einer hart umkämpften Partie gegen den Titelverteidiger Eisbären Berlin. Zwar verloren die Freezers mit 4:5, spielten jedoch auf Augenhöhe mit.

Unter Trainer Laporte scheint in dieser Saison nach Jahren im Tabellenkeller ein dauerhafter Aufenthalt in der oberen Tabellenhälfte möglich zu sein. Das ist in dieser Serie auch so wichtig wie nie zuvor in den zehn Jahren des Vereinsbestehens. Letztlich wird das sportliche Abschneiden in dieser Saison darüber entscheiden, wie es mit den Freezers weitergeht. Der amerikanische Klubeigner Anschutz Entertainment Group bietet das Eishockeyteam seit einigen Monaten zum Verkauf an – bislang scheint dies noch keinen Erfolg gehabt zu haben. Jeder Sieg des Teams verbessert die Zukunftsaussichten für den ganzen Klub.

CHRISTIAN GÖRTZEN