Nordkoreas Diktator fährt auf Staatsbesuch – nach Moskau

REISEDIPLOMATIE Drei Jahre nach Amtsantritt traut sich Kim Jong Un zu seinem ersten Auslandsbesuch

Moskau und Pjöngjang verhandeln sogar über eine Aufhebung der Visumpflicht

AUS PEKING FELIX LEE

Nach China hat es Nordkoreas Führer Kim Jong Un auch drei Jahre nach seiner Machtübernahme nicht geschafft. Dabei gilt die Volksrepublik als einziger Verbündeter des stalinistisch geführten Arbeiter-und-Bauern-Staats. Doch die Beziehungen zum großen Bruder haben sich in den vergangenen Jahren deutlich abgekühlt. Dafür will der wahrscheinlich 32-jährige Jungdiktator die Beziehungen zu einem früheren Verbündeten wieder auffrischen: mit Russland.

Nach Angaben der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap hat Kim Jong Un seine Teilnahme an den Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Moskau zugesagt. Yonhap beruft sich auf ein offizielles Schreiben des Kreml, wonach mehr als zwanzig Staats- und Regierungschefs zugesagt hätten, darunter Kim.

Russland begeht am 9. Mai den 70. Jahrestag des Sieges über Nazideutschland. Sollte Kim tatsächlich anreisen, wäre es seine erste offizielle Auslandsreise seit seiner Machtübernahme im Dezember 2011. Sein Vater und Vorgänger Kim Jong Il reiste dagegen regelmäßig nach China. Im Rest der Welt ist Nordkorea weitgehend isoliert.

Das chinesisch-nordkoreanische Verhältnis gilt als schlecht. Offiziell stellt sich China zwar auch weiter hinter Nordkorea. Doch als Kim vor zwei Jahren einen dritten unterirdischen Atomtest abhalten ließ, reagierte Peking sehr verärgert. Erstmals widersetze sich die chinesische Führung auch nicht den UN-Sanktionen gegen das Pjöngjanger Regime. Ohne das Land beim Namen zu nennen, warnte Chinas Staatschef Xi Jinping vergangenes Jahr, dass China „nicht untätig zuschauen“ werde, „wenn eine Macht in der Nachbarschaft Chaos stiftet“.

Die russische Führung unter Wladimir Putin hingegen sucht im Konflikt mit der Europäischen Union und den USA über die Ukraine offenbar neue Verbündete. Während bei den Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi vor einem Jahr die meisten westlichen Staats- und Regierungschefs der Eröffnungsfeier ferngeblieben waren, nahm ein ausländischer Regierungsvertreter auf der Ehrentribüne sehr gerne Platz: Kim Jong Nam, die Nummer zwei des nordkoreanischen Regimes. Nordkorea hatte Russlands Vorgehen auf der Krim zuvor als „rechtmäßig“ bezeichnet.

Seitdem hat Moskau auch seine Wirtschaftsbeziehungen zu den Machthabern in Pjöngjang deutlich intensiviert. Neben dem Bau einer Gaspipeline verhandeln Moskau und Pjöngjang derzeit sogar über eine Aufhebung der Visumpflicht. So weit war Peking selbst dann nicht gegangen, als die Beziehungen noch zum Besten standen.