Ein bisschen in die Pedale treten

STADTPLANUNG Mit einem „Masterplan“ wollen die Grünen Bremen fahrradfreundlicher machen. Dabei gehen sie recht behutsam vor und suchen einen breiten Konsens

VON HENNING BLEYL

Der Anteil des Fahrradverkehrs an der Gesamtmobilität soll in Bremen auf 50 Prozent steigen. Solche Kopenhagener Zustände streben die Grünen in ihrem aktuellen „Masterplan Fahrradverkehr“ allerdings erst als „langfristiges Ziel“ an. „Schnellstmöglich“ soll dafür der Fahrradverkehr „auf über 30 Prozent“ erhöht werden, was schon deutlich weniger ambitioniert klingt: Derzeit liegt er bei 26 Prozent.

Auch bei anderen Fahrradthemen wollen die Grünen offenbar vermeiden, als Ökologie-dirigistisch wahrgenommen zu werden. So stecken die Planungen für einen autofreien Sonntag, obwohl fest im Koalitionsvertrag vereinbart, offenbar noch in den Kinderschuhen. Er solle wohl kommendes Jahr stattfinden, aber in welcher Ausdehnung, sei noch unklar, sagt der grüne Verkehrspolitiker Ralph Saxe. Mit kräftiger Schützenhilfe von CDU und FDP war der letzte Bremer autofreie Sonntag als „überflüssiges“ Projekt des gern geschmähten grünen Verkehrssenators Reinhard Loske wahrgenommen worden – und somit als vermeintlich unpopulär gebrandmarkt.

Immerhin setzen die Grünen bei ihrer jetzigen Fahrrad-Initiative auf ganzjährige „Bewusstseinsschärfung“, wie Saxe formuliert. Die hintere Wachmannstraße, in Saxes früherem Beirats-Gebiet gelegen, ist nun „Fahrradstraße“ – in der Radler etwa in Bezug auf Ampelschaltungen privilegiert werden. Immerhin gib es dort zweieinhalb mal soviel Radler wie Autofahrer.

„Bevorrechtigte Trassen“ sollen nach dem Willen der Grünen quer durch die Stadt entstehen. Auf Antrag von Anwohnern sollten zunächst Verkehrszählungen für einzelne Straßen durchgeführt werden, um bestehende Fahrraddominanzen statistisch zu erfassen. Dann nämlich sei gemäß Straßenverkehrsordnung eine Ausweisung als Fahrradstraße möglich.

Saxe hat bereits eine solche Trasse zwischen Marktplatz und Uni im Blick – unter Einbeziehung der Wachmannstraße –, die anschließend in Richtung Neustadt und Huchting erweitert werden könnte. Quasi als Querspange schwebt ihm eine Fahrradtrasse von der Innenstadt nach Oslebshausen über den Grünzug West vor. „Der Autoverkehr muss ein bisschen Fläche abgeben“, sagt Saxe – und betont zugleich, dass damit niemandem „etwas übergestülpt“ werden solle. Neue Verkehrssortierungen könnten „im Rahmen von Regionalkonferenzen“ unter Einbeziehung von Beiräten, ADFC und ADAC entwickelt werden.

Ähnlich wie der ADFC vertreten die Bremer Grünen die Position, dass auf den Straßen ausgewiesene Fahrradspuren separaten Radwegen vorzuziehen seien. Als diesbezüglich „gute Beispiele“ bezeichnet der Masterplan den vorderen Teil der Wachmannstraße mit seinen rot markierten Seitenstreifen und die Hamburger Straße. Wobei letztere das Problem hat, dass seit Einsatz der breiteren Straßenbahnen zu wenig Platz für beide ist – Straßenbahnfahrer jedenfalls trauen sich dort kaum noch, die Radler zu überholen. Wenige hundert Meter weiter westlich, im Steintor, führt die Mischnutzung der Straße zum Gegenteil: Die seit der Gleisbettverbreiterung zwischen den Straßenbahnschienen untergebrachten Radler werden von Autos weggehupt oder fürchten die Straßenbahn im Nacken.

Die Grünen setzen nichtsdestoweniger auf Mischnutzungs-Konzepte. Auch Bustrassen könnten, so lautet ein „Prüfauftrag“ des Masterplans, zumindest begrenzt von Fahrrädern mitgenutzt werden. Zudem ist ein Bremer „Hotel-Fahrrad“ angedacht, ein Fahrradleihsystem analog zum bereits existierenden Firmenrad. Von dem in der letzten Legislatur gehegten Gedanken, ein flächendeckendes städtisches Leihradsystem einzurichten, wie es derzeit in Nürnberg etabliert wird, haben sich die Grünen aus Kostengründen verabschiedet.

Unterm Strich schätzt Saxe den Masterplan-Vorstoß gleichwohl als „größeren Aufschlag“ ein, „nicht als Symbolpolitik“.