Gute Idee, falscher Zeitpunkt

OLYMPIA UND REFERENDUM

Ein politisches Projekt kann gut und richtig sein – und doch nicht sinnvoll

Ein politisches Projekt kann gut und richtig sein – und doch nicht sinnvoll. So ist es bei der Forderung der Opposition nach mehr Bürgerbeteiligung in Form von verbindlichen Referenden vor Großprojekten. Sie kommt zur falschen Zeit, denn sie ist verquickt mit der geplanten Olympiabewerbung, bei der die Fronten ganz anders sind. Olympische Spiele wollen, jedenfalls nominell, SPD und CDU. Leiser oder lauter sind unter verschiedenen Bedingungen auch Grüne und Piraten dafür. Für eine Verfassungsänderung für eine Volksbefragung hingegen, die im Kern auch die SPD befürwortet, ist die CDU schwer zu erwärmen.

Der Vorstoß kommt zudem nicht nur zum falschen Zeitpunkt, sondern ist auch überladen. Wollte die Opposition tatsächlich eine Chance haben und die CDU unter Druck setzen, hätte sie ihren Ruf nach mehr Bürgerbeteiligung nicht auch noch verbinden dürfen mit der Forderung, gleichzeitig das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre zu senken. Man kann mehr Bürgerbeteiligung wollen und zugleich mit guten Gründen die Vorstellung ablehnen, dass bereits Jugendliche das Abgeordnetenhaus wählen.

Und nicht zuletzt kann es sein, dass der ganze Vorstoß nach hinten losgeht. Den Zeitpunkt begründet die Opposition damit, dass die von CDU-Senator Frank Henkel für den 13. September geplante Olympia-Bürgerbefragung nicht nur rechtlich unverbindlich sei, sondern sogar verfassungswidrig. Das aber bedeutet: Lehnt die Koalition eine Verfassungsänderung ab und beharrt auf ihrem Weg, sind die Oppositionsparteien quasi in der Pflicht, zum Verfassungsgericht zu gehen und dagegen zu klagen. Doch was hieße es im Erfolgsfall, wenn die Richter Henkels Bürgerbefragung kippen? Doch nur eins: dass es am 13. September nicht nur keine rechtlich verbindliche Abstimmung gibt, sondern überhaupt keine – und damit nicht mehr, sondern null Bürgerbeteiligung. STEFAN ALBERTI