Überhaupt nicht abwegig

FERIENWOHNUNGEN ALS ASYL

Es ist keineswegs undenkbar, dass der Staat in Fragen des Eigentums eingreift

Kritik zu ernten ist Monika Herrmann gewohnt. Oranienplatz, Hauptmann-Schule, Görlitzer Park: Die grüne Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg legt eine schon verblüffende Sicherheit an den Tag, wenn es darum geht, sich an möglichst vielen Stellen Feinde zu machen.

Außergewöhnlich ist es also nicht, dass Herrmann diese Woche für ihren neuesten Vorschlag Reaktionen erntet, die sie selbst als „Shitstorm“ bezeichnet. „Nicht zu Ende gedacht“, urteilt die Justizverwaltung, einen „populistischen Vorschlag“ will ausgerechnet BZ-Chefkräher Gunnar Schupelius ausmachen.

Der skandalöse Vorschlag: Herrmann hatte angeregt, rechtlich zu prüfen, ob Ferienwohnungen für die temporäre Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden können. Denn an solchen Unterkünften fehlt es offensichtlich: Feldbetten in Turnhallen und Zelten, noch im September von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) als undenkbar dargestellt, sind inzwischen Normalität. Diese Unterbringung ist nicht nur unwürdig, sondern auch teuer: 27 Euro kostet die Übernachtung in einer Traglufthalle pro Person. Das „City-Apartment für vier Personen mit Balkon und WLAN“ gibt es bei einem Mindestaufenthalt von drei Nächten pro Person für die Hälfte des Preises.

Herrmanns Vorschlag gleich als rechtlich nicht umsetzbar zurückzuweisen ist angesichts dieser Situation nicht nur fahrlässig, sondern auch dumm: Zum einen hat Herrmann ja nichts weiter als ebendiese rechtliche Prüfung vorgeschlagen. Zum anderen ist es keineswegs undenkbar, dass der Staat in Fragen des Privateigentums eingreift, insbesondere beim Thema Wohnen. Das weiß jeder Mieter, der seine Wohnung für den Bau einer Stadtautobahn verliert, jeder Vermieter, der sich an den Mietspiegel halten muss, und jeder Hausbesitzer, dem der Bezirk die Eröffnung der fünfzehnten Bar im Kiez untersagt.

Selbst wenn eine rechtliche Prüfung letztendlich ergäbe, dass eine solche Anordnung nicht machbar ist, hat der Vorschlag trotzdem sein Gutes: Nach Herrmanns Vorstoß beeilten sich die Senatsverwaltungen mit der Beteuerung, man sei bei der Flüchtlingsunterbringung noch lange nicht am Ende der Möglichkeiten angekommen, es gebe weiterhin Wohnungen im Besitz der öffentlichen Hand, die als Unterkünfte genutzt werden könnten. Bisher – Stichwort Feldbetten – hat man nicht den Eindruck, dass der Senat alles tut, um diese Möglichkeit auszuschöpfen. Wenn sich das ändert, umso besser. MALENE GÜRGEN