Jukebox

Müde, des Wartens müde, des Wartens müde auf…

Es ist wie mit dem Tod. Man weiß nicht, wann er kommt. Man muss warten.

Bin also wieder mal auf einem Konzert gewesen und musste mich doch über mich wundern, dass ich 1. gar nicht mit fremden Menschen sprechen und 2. auch keineswegs über den Durst trinken wollte. Nur wegen des Konzerts bin ich gekommen. Wer aber nicht mit Fremden reden und nur sparsam trinken will, hat dann wenig zu tun gegen die Langeweile, die zwischen dem angegebenen und dem wirklichen Konzertbeginn klafft.

Weiter gilt die alte Faustformel: je niedriger der Eintritt, desto länger die Wartezeit. Je teurer das Ticket, desto schneller wird der Abend auch abgewickelt, und das manchmal sogar ohne Verzug. Von solcher Effizienz aber darf man im Berliner Konzertbetrieb meist nur träumen, wenn man sein Geld am Einlass abgegeben und damit eigentlich einen Vertrag mit den Konzertveranstaltern abgeschlossen hat. Eine für beide Seiten verbindliche Sache, könnte man meinen, in der auch die versprochenen Leistungen einzuhalten sind. Zum Beispiel: pünktliche Lieferung (zum angegebenen Konzertbeginn). Keineswegs aber hält die Rechtsprechung (ich habe nachgefragt) einen Anspruch auf Entschädigung für entgangene Lebenszeit bereit. Unsere Justiz liegt also den Berliner Konzertveranstaltern zu Füßen, die wiederum den schwarzen Peter an den Kunden zurückreichen. Selbst schuld, meint einer (und nicht der schlechteste) ihrer Vertreter: „Weil die Szene einen warten lässt“, fangen Konzerte verspätet an. Und so war das auch. Inzwischen aber gehen die Leute wieder gern auf Konzerte. Sie tun das sogar rechtzeitig. Im gegebenen Fallbeispiel war so der Saal zum Zeitpunkt des wirklichen Konzertbeginns nicht wesentlich voller als zum angegebenem Konzertbeginn. Warten musste man trotzdem, weil die Musiker vielleicht noch eine Pizza essen wollten oder die Erwartung ins Unerträgliche gesteigert werden sollte. Kurz: Es gab keinen vernünftigen, in der Sache begründeten Grund für das Warten. Wie alles Grundlose kann es so nur metaphysisch gedeutet werden. Wie Gott, der unser Geworfensein mit Sinn aushelfen soll. Man sieht, auf was für verrückte Ideen der Mensch kommen kann, wenn er zu viel Zeit zum Nachdenken hat. Aber deswegen geht man eigentlich nicht auf ein Rockkonzert.

Muss noch gesagt werden, dass das Konzert dann der Rede nicht wert war? Einfach nur langweilig. Bin so wenigstens früher gegangen. THOMAS MAUCH