Kirche rettet jungen Somali

FRIST ABGELAUFEN Nach sechs Wochen im Kirchenasyl darf ein Flüchtling seinen Asylantrag in Deutschland stellen. Eigentlich hatte er nach Malta abgeschoben werden sollen – dort war er in die EU eingereist

Die Behörden verzichteten darauf, M. von der Polizei aus der Kirche holen zu lassen

Ein junger somalischer Flüchtling darf nach einem sechswöchigen Kirchenasyl im Landkreis Cuxhaven vorerst in Deutschland bleiben. Seine bereits geplante Abschiebung nach Malta wurde abgesagt, der 19-Jährige kann sein Asylverfahren hier durchführen.

Abdi M. war 2007 im Alter von 15 Jahren aus Somalia geflüchtet und über Libyen, Malta und Schweden nach Niedersachsen gekommen. Deutschland hatte es jedoch abgelehnt, seinen Asylantrag zu prüfen: Die so genannte Dublin II-Verordnung der EU legt fest, dass das Land des ersten Grenzübertritts für Flüchtlinge alleine verantwortlich ist.

Doch der winzige Inselstaat Malta ist mit den aus Nordafrika ankommenden Flüchtlingen überfordert, ein Asylsystem gibt es nicht. Flüchtlinge werden interniert, die humanitären Zustände in dortigen Lagern sind katastrophal. Sechs Monate hätten die deutschen Behörden Zeit gehabt, M. nach Malta abzuschieben. Diese Frist lief am 23. September ab.

Doch bereits Ende August entschloss sich die Fabian- und Sebastian-Kirchengemeinde in Beverstedt, dem jungen Somali Schutz zu gewähren. In der Zwischenzeit ist die Zuständigkeit für M. auf die deutschen Behörden übergangen. Die hatten dies zugelassen – sie verzichteten darauf, M. von der Polizei aus der Kirche holen zu lassen.

Der Beverstedter Pastor Martin Krarup sagte, seine Gemeinde und der Kirchenvorstand seien „sehr erleichtert“ über die Haltung des Bundesamtes. M. sei durch seine Flucht „schwer traumatisiert“.

In Somalia hätten ihn islamistische Rebellen entführt. In der libyschen Wüste wurde er als Papierloser von Soldaten festgenommen und kam in eines der berüchtigten Internierungslager Gaddafis. Später lebte der damals noch minderjährige monatelang in Libyen auf der Straße, bevor er die Fahrt über das Mittelmeer wagte. Auch in Malta kam er nach seiner Einreise für acht Monate ins Gefängnis.

Die Beverstedter Gemeinde hatte seinetwegen eine Petition beim Bundestag eingereicht. Der Somali lebt nun wieder in einem Obdachlosenheim im nahe gelegenen Hagen. Dort wartet er den Ausgang seines Asylverfahrens ab.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen dankte der Kirchengemeinde. M.s Fall sei „symptomatisch“ für eine verantwortungslose europäische Flüchtlingspolitik, sagte Flüchtlingsrat-Geschäftsführer Kai Weber. „Jeder weiß, dass Malta mit der angemessen Versorgung von Schutzsuchenden hoffnungslos überfordert ist.“ Er forderte eine Abschaffung der Dublin II-Verordnung. CHRISTIAN JAKOB