Fach- und Lachgeschichten

„Politikerin fordert Facebook als Schul-fach!“ Ui, da hat CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär aber mächtig Schlagzei-len gemacht, als sie im aktuellen „Focus“ das Fach „Medien-kunde“ forderte. Doch das kennt man ja, schließlich for-dern alle paar Wo-chen irgendwelche Politiker, Kirchen-leute, C-Prominente oder Verbandsheinis irgendein neues Unterrichtsfach – und wir von der Presse drucken diese Gaga-Vorschläge dann auch noch brav ab, weil es so lustig klingt. Umgesetzt werden diese Ideen freilich nie, meist machen sich Lehrerverbände und die Kultusminister-konferenz nicht mal die Mühe einer Abmoderation. Aber wie würde der Stun-denplan eigentlich aussehen, wenn es all diese Schulfächer wirklich gäbe?

VON MICHAEL BRAKE

Dietrich Grönemeyer ist 1. Arzt und hat 2. einen berühmten Bruder. Deshalb hörte man ihm zu, als er im August 2006 das Fach „Gesundheit“ forderte – wie übrigens auch die AOK im Januar 2008 und die Deutschen Apothekerverbände im Oktober 2009.

Im März 2001 wollte die Deutsche Polizeigewerkschaft in Brandenburg „Verbrechensvorsorge“ auf die Lehrpläne setzen – Lerninhalte u. a.: Wie man sich vor Entführungen schützt, auf Anwerbungsversuche von Drogendealern reagiert oder Schlägern aus dem Weg geht. Zumindest Letzteres lernen die meisten Kinder auch so in der Schule. Aus Eigeninteresse.

Neu ist Dorothee Bärs Forderung nach Medienkunde übrigens nicht: Schon der damalige „FAZ“-Aufsichtsrat Hans-Wolfgang Pfeifer (Mai 1997), Verleger Hubert Burda (Juni 2005), IBM-Chef Erwin Staudt (September 2006) und Friedrich Schorlemmer (April 2009) haben sie vorgebracht. Genau wie Margot Käßmann und die katholische Bischofskonferenz das Fach „Medienpädagogik“ verlangten sowie „Bunte“-Chefin Patricia Riekel „Mediennutzung“: Es wird wirklich höchste Zeit, an Deutschlands Schulen „was mit Medien“ einzuführen!

Eine lustige Idee hatte die damalige Bundesdrogenbeauftragte Andrea Bätzing (SPD) im April 2009: Infolge der Komasaufdebatte verlangte sie, nach britischem Vorbild das Unterrichtsfach „Wohlfühlen“ einzuführen. „Da geht es um Lebenskompetenzvermittlung“, so Bätzing. Von Komasaufen redet aktuell kaum noch jemand. Vom Schulfach „Wohlfühlen“ auch nicht. Und von Andrea Bätzing erst recht nicht.

Alle Jahre wieder will irgendwer „Ernährung“ als Schulfach: Ob Renate Künast (März 2001), Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (Mai 2007), die Techniker Krankenkasse (Mai 2007), SPD-Staatssekretär Gerd Müller (März 2008) oder Foodwatch (Oktober 2009). Die Lehrerschaft weist in Reaktion auf diese Forderung nicht ganz zu Unrecht darauf hin, dass gewisse Themenbereiche auch Teil der normalen häuslichen Erziehung seien. Oder sein sollten. Fortsetzung folgt.

Der Dauerbrenner. Vertreter von BDA, DGB, ZDH und DAI, Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, AWD-Chef Carsten Maschmeyer, Exminister Werner Müller, ja selbst die CDU Bad Segeberg und Oskar Lafontaine haben schon mal irgendwann „Wirtschaft“, „Geld“, „Volkswirtschaftslehre“ oder Ähnliches als Schulfach verlangt. Hätte man die Idee doch mal vor 40 Jahren berücksichtigt – dann wäre uns in den letzten Jahren womöglich viel Ärger erspart geblieben.

„Es ist dringend notwendig, den Geschichtsunterricht neu zu gestalten, weil das Thema Nationalsozialismus darin viel zu kurz kommt“, sagte Charlotte Knobloch, damals Präsidentin des Zentralrats der Juden, im Juli 2006 in einem Interview – und wünschte sich ein eigenes Fach „NS-Zeit“. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lehnte die Forderung ab, die NS-Zeit sei bereits wichtiger Bestandteil der Lehrpläne. Als sich auch der Zentralrat von der Idee distanzierte, ließ Knobloch sie wieder fallen.