Nüchterne Warnerin

Schon vor zwei Jahren lud Claudia Schmid Journalisten ein, auf dem Tisch eine graue Broschüre: „Linke Gewalt in Berlin“. Es war die erste breite Studie über politische Straftaten von links. Dann leitete Berlins Verfassungsschutzchefin zur eigentlichen Botschaft über: Diesen „Fakten“ müsse ein deutliches Zeichen entgegengesetzt werden.

Der Appell der 54-Jährigen gewinnt gerade wieder an Aktualität – in Tagen, in denen mutmaßlich Autonome zahlreiche Brandsätze an Berliner Bahngleisen deponierten, um den „kapitalistischen Trott“ zu „entschleunigen“. Warnen Innenpolitiker schon vor einer neuen RAF, hält Schmid den Ton sachlich. Die Anschläge seien für die linksextreme Berliner Szene „eine Besonderheit“. Die Tätergruppe sei in der Szene isoliert. Die Anschläge ein „Eigentor“. Rückhalt dafür gebe es in der Bevölkerung nicht.

Die Analyse passt zu der Behördenchefin: Nüchtern und unaufgeregt leitet die FDPlerin seit zehn Jahren den Verfassungsschutz in der Hauptstadt. Schmid ist in Berlin geboren, hat hier Jura studiert. In den Neunzigern kämpfte sie als Stellvertreterin des Berliner Datenschutzbeauftragten gegen den großen Lauschangriff – um als Verfassungsschutzchefin selbst Überwachungen anzuordnen. Die einst von Skandalen geschüttelte Behörde führte Schmid in ruhige Gewässer. 2006 aber langte sie daneben: Sie musste eingestehen, jahrelang das Berliner Sozialforum, eine harmlose Protestgruppe um den Politikprofessor Peter Grottian, beobachtet zu haben. Zuletzt wurde sie dennoch als mögliche Nachfolgerin für Bundesverfassungsschutzchef Heinz Fromm gehandelt.

Schmid weiß um die Grenzen ihrer Arbeit. Auch linke Straftaten könnten Sicherheitsbehörden nicht allein lösen, so ihr Credo. Es müsse eine gesellschaftliche Ächtung geben, „klar und eindeutig“. Konrad Litschko