Abrechnungsbetrug in großem Stil

Apotheken haben für Krebsmedikamente nicht zugelassene Wirkstoffe verwandt. Staatsanwaltschaft ermittelt

Apotheken in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg sind offenbar an einem Abrechnungsbetrug großen Umfangs beteiligt. Bundesweit an die 100 Apotheker sollen Krebsmedikamente mit billig importierten, hier nicht zugelassenen Wirkstoffen hergestellt und teuer abgerechnet haben. Die Mannheimer Staatsanwaltschaft, die die Ermittlungen leitet, hat Mitte September 66 Wohnungen, Büros und Geschäftsräume von Verdächtigen durchsuchen lassen, auch in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Nach Informationen der Techniker Krankenkasse (TK), die die Ermittlungen durch eine Anzeige ins Rollen brachte, ist auch mindestens eine Hamburger Apotheke in den Skandal verwickelt.

Laut dem Sprecher der Mannheimer Staatsanwaltschaft, Thomas Pfeiffer, haben die beschuldigten Apotheker einen finanziellen Millionenschaden verursacht, jedoch nicht den Krebspatienten geschadet. Zwar gebe es vereinzelte Hinweise darauf, dass in wenigen Fällen auch der Wirkstoffgehalt der gemischten Arzneimittel nicht gestimmt habe. „Das ist aber nur ein Randaspekt“, so Pfeiffer.

Überwiegend hätten die Apotheker durchaus die Wirkstoffe zu einer Infusionslösung zusammengemischt, die vom Arzt verordnet worden seien. Nur: Die verwandten Wirkstoffe seien nicht die in Deutschland und Europa lizensierten gewesen, sondern Importe aus außereuropäischen Ländern und einzelnen EU-Staaten, in denen die Zytostatika zugelassen seien. Mit den Kassen abgerechnet wurden dann die höheren deutschen Preise. Organisiert haben das Ganze offenbar zwei Pharmahändler aus dem badischen Raum.

Der Hamburger Apothekerverein und die TK verlangen mehr Transparenz die Herkunft verwendeter Arzneimittel betreffend. „Apotheker müssen verpflichtet werden, alle Inhaltsstoffe von Arzneimittelzubereitungen detailliert aufzuführen“, sagte TK-Sprecher Herrmann Bärenfänger gestern. EE