KOMMENTAR ZUM WAHLRECHT MIT 16 VON ELLA CARINI
: Eine große Chance

■ 16, besucht die 11. Klasse des Gymnasiums Klosterschule am Berliner Tor und lebt in Hamburg-Eimsbüttel.

Seit gut einem halben Jahr bin ich nun 16 und möchte im Februar die Chance nutzen, an der Bürgerschaftswahl in Hamburg teilzunehmen. Doch ausreichend vorbereitet fühle ich mich dafür noch nicht. Im Politikunterricht an meiner Schule haben wir noch überhaupt nicht über die anstehenden Wahlen gesprochen. Ob das noch kommt, weiß ich nicht. Mit meinen Eltern habe ich zwar schon über die Wahlen geredet und weiß auch, welche Parteien sie wählen werden, aber beeinflussen lassen will ich mich von ihren Entscheidungen nicht. Ich möchte mir ein eigenes Bild von den Interessen der Parteien machen und davon, welche am ehesten zu mir passt.

Der Wahlomat – ein Test im Internet, der zeigen soll, mit welcher Partei meine Anliegen am ehesten übereinstimmen – kann mir dabei jedoch nicht sehr helfen: Nachdem ich die Zusammenfassung des Wahlprogramms der Partei durchgelesen habe, die mir der Wahlomat vorgeschlagen hat, stelle ich fest, dass sie ihre Schwerpunkte auf Anliegen gesetzt hat, die mir aber nicht als die wichtigsten Themen für unsere Gesellschaft erscheinen.

Also lese ich mir Zusammenfassungen der Wahlprogramme aller Parteien durch, die in Hamburg zur Wahl stehen, und kann mich anschließend immerhin auf zwei Parteien fokussieren. Doch welche von beiden soll ich nun wählen? Oder soll ich meine Kreuze auf beide Parteien aufteilen? Aber wenn ich jetzt verschiedene PolitikerInnen wähle, ist es dann wichtig, zu beachten, in welchen politischen Bereichen sie sich einsetzen?

Irgendwo habe ich gelesen, dass ein Kandidat bei der Berufsangabe getrickst hätte, weil man mit besser angesehenen Berufen mehr Stimmen bekommen würde. Wenn ein potenzieller Abgeordneter aber schon vor Beginn einer neuen Legislaturperiode falsche Angaben macht, kann man ihm dann überhaupt irgendetwas von dem glauben, was er verspricht? Und kann man dann noch seiner Partei vertrauen, wenn diese die falschen Angaben zulässt? Vielleicht sollte man das Wählen lieber doch lassen…

Aber diese neue Möglichkeit möchte ich mir nicht entgehen lassen. Selbst wenn meine paar Kreuze statistisch gesehen nicht viel verändern werden, möchte ich doch die Partei unterstützen, die mir am ehesten zusagt. Dann habe ich wenigstens das Gefühl, mitbestimmt zu haben. Doch welche der beiden mir am sympathischsten Parteien ich wählen soll, weiß ich immer noch nicht.

Meinen Freunden geht es ähnlich. Viele haben ebenfalls den Wahlomaten getestet, doch die meisten konnten sich mit der vorgeschlagenen Partei nicht ausreichend identifizieren. Trotzdem wollen auch sie die Chance nutzen und sich wenigstens indirekt einbringen. Die meisten von ihnen haben zumindest eine vage Vorstellung davon, wen sie wählen wollen. Einige von ihnen sind schon seit ein paar Jahren politisch engagiert – soweit das in unserem Alter möglich ist. Und was gibt es Besseres als endlich mal mitbestimmen zu können, endlich mal mitreden zu können. Über Flüchtlingspolitik, Bildung und Stadtentwicklung, über Familienpolitik, Ökonomie und Ökologie.

Wer sich für all diese Themen nicht interessiert, muss ja nicht wählen. Wer was verändern will, schon. Und gerade deshalb betrachte ich das Wahlrecht ab 16 als große Chance.