Linke für Ex-SPD-Frau, aber gegen Koalition

Der Hamburger Linken könnte nach der Bürgerschaftswahl eine Schlüsselrolle bei der Regierungsfindung zukommen. Die Partei hat nun eine frühere SPD-Frau zur Spitzenkandidatin gewählt – will aber von Rot-Rot-Grün nichts wissen

HAMBURG taz ■ Die Hamburger Linkspartei startet mit einer früheren SPD-Politikerin an der Spitze und einer Absage an eine rot-rot-grüne Koalition in den Bürgerschaftswahlkampf. Zur Frontfrau für den Wahlkampf kürten die Delegierten am Wochenende Dora Heyenn. Die 58-jährige Lehrerin hat bereits für die SPD als Abgeordnete im schleswig-holsteinischen Landtag gesessen. Außerdem unterstützte der Parteitag die Linie des Vorstandes, wonach eine Koalition mit SPD und Grünen „unter den gegebenen Verhältnissen“ nicht in Frage komme.

Das einstimmig beschlossene Wahlprogramm zielt unter dem Motto „sozial, ökologisch und solidarisch“ vor allem auf die Interessen der ärmeren Bevölkerungsteile.

Mit diesem personell-programmatischen Paket rechnet sich die Hamburger Linke gute Chancen aus, am 24. Februar in die Hamburger Bürgerschaft einzuziehen. Aktuelle Meinungsumfragen sehen die Partei mit 7 Prozent deutlich über der 5-Prozent-Sperrklausel. Damit könnte der Linken nach Bremen zum zweiten Mal der Sprung in ein westdeutsches Landesparlament gelingen.

Da die derzeit alleinregierende CDU und Rot-Grün in allen Umfragen nahezu gleichauf liegen, könnte die Partei außerdem darüber mitentscheiden, wer Hamburg zukünftig regiert. Denn momentan wäre Rot-Grün nur möglich, wenn die Linken dies zumindest tolerieren. Andernfalls reichte es nach den derzeitigen Umfrageergebnissen nur noch für Schwarz-Grün oder für eine große Koalition.

Die Wahl der Spitzenkandidatin auf dem Parteitag war mit Spannung erwartet worden. Denn Dora Heyenn ist in der Linken nicht unumstritten. Der Landesvorstand hatte keine Empfehlung für sie ausgesprochen. Viele Delegierte befürchteten, dass Heyenn, die 28 Jahre lang Mitglied der SPD war, die künftige Fraktion auf Bündnisse mit der SPD und den Hamburger Grünen polen würde.

Im Gespräch mit der taz hatte die Kandidatin noch kurz vor dem Parteitag betont, dass die Frage von Tolerierungen und Koalitionen niemals „prinzipiell“, sondern stets nur „inhaltlich“ beantwortet werden dürfe. Bündnisse mit Rot-Grün befürworte sie daher, wenn damit „Verbesserungen für die Lebensperspektive der vom Wohlstand abgespaltenen Bevölkerung erreicht“ werden könnten.

Am Wochenende zogen die Delegierten die ehemalige SPD-Frau mit einem eindeutigen Ergebnis ihren Konkurrenten Zaman Masudi und Angelika Traversin vor. Heyenn kam bereits im ersten Wahlgang auf 55 Prozent der abgegebenen Stimmen, vor der gebürtigen Iranerin Masudi, die nur 31 Prozent auf sich vereinen konnte. Auf Platz zwei der Landesliste wählten die Delegierten den Verlagslektor Joachim Bischoff. Der 63-Jährige war Gründungsmitglied der Hamburger PDS und wechselte später zur WASG.

Der Parteitag bekräftigte noch einmal, dass er die Rolle der Hamburger Linken in der Opposition sieht. Zuvor hatten bereits der Hamburger SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann und auch die Fraktionschefin der Grünen, Christa Goetsch, einer rot-rot-grünen Koalition eine Absage erteilt. Die Linkspartei hielt sich am Wochenende jedoch ein dehnbares Schlupfloch offen. Würde ein sozialdemokratischer Bürgermeisterkandidat den „Einstieg in eine andere Entwicklungsrichtung unwiderruflich zusichern“, könne die Partei sich vorstellen, ihn mitzuwählen. Sollte die Linke ins Parlament einziehen, gilt in der Hansestadt aber eine große Koalition oder ein schwarz-grünes Bündnis als wahrscheinlicher.

MARCO CARINI