Ausschuss-Bericht geschönt

Im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zum Heim Feuerbergstraße wurden Ergebnisse ins Gegenteil verkehrt. Verantwortlich soll die von der CDU bestimmte Arbeitsstab-Chefin sein

VON KAIJA KUTTER

Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Feuerbergstraße ging es am späten Montagabend noch richtig zur Sache: Auf der Tagesordnung stand der 50-seitige Bewertungsteil des Ausschuss-Berichts, den der aus 13 Juristen bestehende Arbeitsstab vorgelegt hatte. In sechs Pärchen hatten je ein von der Opposition und ein von der CDU-Fraktion ausgewählter Sachbearbeiter aus dem 500-seitigen Sachstandsbericht Schlussfolgerungen gezogen. Doch der am Freitag daraus erstellte Bericht wurde offenbar übers Wochenende von der von der CDU bestimmten Arbeitsstab-Vorsitzenden Renate Thomsen stark überarbeitet. Diese meldete sich kurz vor der Sitzung krank.

Die Bombe platzte, als die GAL-Obfrau Christiane Blömeke Thomsens Stellvertreter Urs Tappert fragte, warum im Bewertungsteil stünde, dass sich der pädagogische Einsatz von Wachleuten des privaten Sicherheitsdienstes Securitas nicht belegen lasse. „Die Sachbearbeiter sagen, dass sie ursprünglich genau das Gegenteil geschrieben haben“, erklärte Tappert. Aber Thomsen habe Änderungen durchgesetzt.

Auf die Empörung des SPD-Obmanns Thomas Böwer hin erklärte der CDU-PUA-Vorsitzende Manfred Jäger: „Ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben.“ Es sei so, dass die Vorsitzende „Sachverhalte überarbeiten und zurück ins Plenum geben kann.“ Zudem sei es unfair, diese Dinge zu verhandeln, wenn die Betreffende krank sei. Thomsen soll nun heute befragt werden.

Der Satz „da müssen Sie Frau Dr. Thomsen fragen“ wurde von Tappert im Laufe des Abends noch etliche Male wiederholt, als es um die Klärung weiterer Unstimmigkeiten ging. Der Bericht wurde an vielen Stellen umgeschrieben, das bestätigt auch ein Blick in die Papiere, die der taz inzwischen vorliegen. Die Juristen hatten in der ersten Fassung festgestellt, dass „auch Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes pädagogisch tätig waren“. In der zweiten Fassung heißt es: „Die Aussage, dass Securitas pädagogische Aufgaben übernommen habe, konnte nicht belegt werden.“

Zurückgenommen wurde auch die Bewertung des Falles eines Jugendlichen, der von Securitas-Leuten unter Androhung von Fesselung ins Heim zurückgebracht wurde. Das Juristen-Team hatte befunden, dass dies „rechtswidrig“ gewesen sei, weil die Wachdienstleute keine Staatsbediensteten sind. Wörtlich war von „Freiheitsberaubung und Nötigung“ die Rede. Laut verändertem Bericht ließen sich die Umstände der Rückführung „nicht mit hinreichender Sicherheit klären“.

Manche Passagen wurden ganz gestrichen. So fehlt jetzt der Abschnitt über einen Jungen, der wegen seiner geistigen Behinderung nichts ins Heim gedurft hätte. Ganz neu erfunden wurde der Abschnitt zum Personal. „In der GUF war während des gesamten Untersuchungszeitraums zu keiner Zeit ausreichendes Personal vorhanden“, hatte das für den Komplex zuständige Juristen-Duo geschrieben. Und weiter: „Über weite Strecken war keine pädagogisch sinnvolle Betreuung mehr möglich.“ In der neuen Fassung steht nun, es sei „der Einrichtung gelungen den Betreuungsschlüssel von 1 : 1 einzuhalten“. Und weiter: „Die umfassenden Angebote der GUF hatten den Charakter einer sehr intensiven Jugendhilfe und nicht den einer ,Verwahranstalt‘. Die Minderjährigen wurden intensiv betreut nach pädagogischem Ansatz.“ Die anschließenden Passagen lesen sich so, als habe man das Konzept abgeschrieben, statt auf die umfangreichen Unterlagen und 59 Zeugenaussagen zurückzugreifen.

Der SPD-Obmann Thomas Böwer hält die in der Ausschuss-Sitzung bekannt gewordenen Änderungen für zu weit gehend. „Man kann Nuancen ändern, aber nicht Dinge ins Gegenteil verkehren“, sagt er. „Diese Änderungen sind keine Lappalien, denn sie betreffen Kernfragen“, sagt die GAL-Obfrau Blömeke. Sie bezweifelt, dass die Leiterin des Arbeitsstabes aus eigener Initiative handelte und vermutet die CDU als Strippenzieherin. Die wird heute früh ihre Bewertung vorstellen.