Der Comebacker

Es war einer dieser Momente, da schießt allen Beobachtern das Gleiche durch den Kopf: „Ausgerechnet“ heißt das Wort und es wird gemeinhin ergänzt durch den Namen eines Spielers, dem etwas Spielentscheidendes gelungen ist – das dadurch an Bedeutung gewinnt, dass eben „ausgerechnet“ soundso es vollbracht hat.

Ausgerechnet er also erzielte am Freitag das 2:0 der dezimierten Dortmunder gegen Werder Bremen: Patrick Owomoyela, der das erste Mal seit 13 Monaten wieder ein Pflichtspiel bestritt und in Bremen von 2005 bis 2008 Publikumsliebling war.

Aufgewachsen in einer Sozialsiedlung in Hamburg-Stellingen, hatte er eine aus heutiger Sicht märchenhafte Sportlerkarriere: Mit vier Jahren begann er bei Grün-Weiß Eimsbüttel im Tor, mit 16 spielte er beim TSV Stellingen sowohl für die Basketballer in der Regionalliga als auch für die Fußballer im Sturm.

Das erste Taschengeld konnte er sich neben seiner Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur dann allerdings mit den Füßen verdienen: beim Lüneburger SK. Später holte ihn Trainer Uwe Rapolder zu Arminia Bielefeld und schulte ihn zum Außenverteidiger um. Nach nur 17 Bundesliga-Spielen berief ihn Jürgen Klinsmann 2004 in die Nationalelf.

Dort war der Sohn einer Deutschen und eines Nigerianers einer der ersten, dem man seinen Migrationshintergrund ansah. Er wurde damit zur Zielscheibe der NPD, die 2006 einen „WM-Planer“ herausgab, auf dessen Vorderseite Owomoyelas Nationaltrikot abgebildet war – und der Slogan „Weiß – nicht nur eine Trikot-Farbe? Für eine echte NATIONAL-Mannschaft“. Im März 2011 wurden die verantwortlichen NPD-Funktionäre vom Vorwurf, Owomoyela auf volksverhetzende Weise beleidigt zu haben, in 2. Instanz freigesprochen.

Jürgen Klinsmann nahm ihn aus sportlichen Gründen nicht mit zur WM. Auch bei Werder Bremen, wo er lange verletzt ausfiel, setzte er sich auf der rechten Abwehrseite nicht gegen Clemens Fritz durch. Länger als auf dem Platz konnten die Bremer sein Konterfei auf Straßenbahnen sehen: mit Statements gegen rechtextreme Gewalt. Für sein Engagement erhielt Owomoyela 2006 den Udo-Lindeberg-Preis.

Das Verletzungspech blieb Owomoyela auch in Dortmund treu, und so verfolgte er nach einer Operation an der Achillessehne die Meistersaison hauptsächlich aus dem Reha-Zentrum. Gerade mal einen Kurzeinsatz hatte er, bevor ihn ein Sehnenriss wieder monatelang außer Gefecht setzte: Gegen den HSV wechselte Jürgen Klopp ihn am 6. April ein. In der Nachspielzeit gab Owomoyela die Vorlage zu dem Ausgleichstreffer, der die Vorentscheidung zur Meisterschaft bedeutete. RLO