Die Leidenschaftliche

Leidenschaftlich ist das meistgenannte Attribut, wenn es um Christa Goetsch geht. Sie sei eine „leidenschaftliche Politikerin“, sagen Freund und Feind über die Grüne. Wobei es unter den Letzteren nicht viele gibt in der Hamburger Politik: Goetsch wird respektiert, zumindest wurde sie es. Denn sie hört auf. Die letzte Bürgerschaftssitzung dieser Legislaturperiode am heutigen Mittwoch ist ihre letzte.

Nach 17 Jahren im Landesparlament kandidiert die 62-jährige Lehrerin bei der Wahl am 15. Februar nicht erneut. Fraktionsvorsitzende war sie, zweimal Spitzenkandidatin, sie war Schulsenatorin und Zweite Bürgermeisterin. „Ich muss mir nichts mehr beweisen, und anderen erst recht nicht“, sagt sie. Das allerdings ist ihre subjektive Sicht.

Denn faktisch ist Christa Goetsch mit ihren beiden größten Projekten gescheitert. Sie führte die Hamburger Grünen 2008 in die bundesweit erste Koalition mit der CDU – und die zerbrach nach nur zweieinhalb Jahren. Kurz zuvor war ihr Modell einer „Schule für alle“, für Goetsch eine Herzensangelegenheit, bei einem Volksentscheid von der Mehrheit der HamburgerInnen abgelehnt worden.

Ein Fehler sei das nicht gewesen, glaubt Goetsch noch heute: „Vielleicht waren wir der Zeit etwas voraus und haben deshalb den Durchbruch nicht geschafft.“ Und das schwarz-grüne Bündnis mit Bürgermeister Ole von Beust „war auch strategisch richtig, um die Grünen von der SPD als einzig möglichem Koalitionspartner zu emanzipieren“, sagt Goetsch. Was nichts daran ändert, dass beides schiefging.

Bis zum Sommer wird sie noch an einer Schule unterrichten, dann ist Schluss mit dem Berufsleben. Danach werde sie ihr „ehrenamtliches Engagement verstärken in der Böll-Stiftung, im interreligiösen Dialog und im Kulturbereich“. Auch im Wendland, wo sie und ihr bereits pensionierter Mann ein Wochenendhaus haben, „wollen wir uns stärker in Kultur und Politik einbringen“, kündigt sie ihren Unruhestand an: „Der Kampf geht ja weiter.“  SVEN-MICHAEL VEIT