AMERICAN PIE
: Höhenflug der Falken

BASKETBALL Die Atlanta Hawks sind in der NBA die Mannschaft der Stunde, auch wenn eine 19 Spiele währende Siegesserie jetzt zu Ende gegangen ist

Immer wieder schauten sich die Spieler der Atlanta Hawks fragend an während des Auswärtsspiels bei den New Orleans Hornets in der Nacht zum Dienstag. „Was sollen wir nur mit dem machen?“ Sie fanden keine Antwort gegen Anthony Davis, den Flügelspieler der Hornets. Er trug seine Mannschaft mit 29 Punkten und 13 Rebounds zum 115:100-Sieg – und beendete damit die fünftlängste Siegesserie in der NBA-Geschichte, die von Atlanta. Die Dreipunktewürfe, sonst eine große Stärke der Hawks, saßen nicht, das Team wirkte wenig aggressiv, auch die sonst so starke zweite Riege um den deutschen Nationalspieler Dennis Schröder vermochte keine Impulse zu setzen.

„Sie haben es uns von Anfang an schwer gemacht“ sagte Hawks-Trainer Mike Budenholzer nach der Partie. „Trotzdem kann ich meine Jungs gar nicht genug loben für die Arbeit im ganzen letzten Monat.“ Die Begeisterung für die Falken aus dem Süden der USA wird sicher nicht abreißen. Dass das Ende für die Hawks ausgerechnet in einer wenig sportlich klingenden Arena namens „Smoothie King Center“ kam – geschenkt. 19 Partien hintereinander wurden zuvor gewonnen; das war auch ein neuer Vereinsrekord. Mit einer Bilanz von aktuell 40 Siegen und nur neun Niederlagen sind die Hawks das zweitbeste Team der Liga hinter den Golden State Warriors. Zum Vergleich: Bereits jetzt stehen mehr Siege auf dem Konto als nach der gesamten letzten Saison; damals waren es 38 Siege bei 44 Niederlagen.

Tolles Teamwork

So unerwartet kommt der Erfolg, dass es selbst Experten schwer fällt, die Gründe klar zu benennen. Mal ist es das überragende Teamwork; nur eine Mannschaft verteilt mehr Vorlagen als die Hawks. Mal sind es die ungewöhnlich starken Würfe der Flügelspieler und Center oder auch einfach das selbstbewusste Auftreten der Mannschaft. Mal ist es die so hervorragende Riege von Ersatzspielern, dann wieder die ligaweit beste Verteidigung. Keine Mannschaft lässt weniger gegnerische Punkte zu. Kurzum: Es läuft einfach gut für die Hawks.

Finalträume

Beim prestigeträchtigen All-Star-Game Mitte Februar werden gleich drei Spieler der Hawks auflaufen: Spielmacher Jeff Teague, Flügelspieler Paul Millsap und Center Al Horford wurden von den Übungsleitern der Liga für die Ersatzbank nominiert – keine andere Mannschaft ist mit so vielen Akteuren vertreten. Trainer Budenholzer wird überdies an der Seitenlinie stehen, Schröder an der „Rising Stars Challenge“, dem Spiel der besten jungen Talente, teilnehmen.

„Eigentlich hat es unsere gesamte Starting Five verdient, nominiert zu werden“, betont auch Teague, der gerade in den letzten Wochen so überragende Passgeber, der den Klub zu ungekannten Höhen trägt. Die Hawks waren bis dato das personifizierte Mittelmaß der NBA, nie richtig schlecht, aber eben auch nie richtig gut. Die größte Zeit liegt über ein halbes Jahrhundert zurück. Als St. Louis Hawks gewann der Klub die Meisterschaft 1958, dazu kommen noch drei weitere Finalteilnahmen in den 50er Jahren, zu denen der legendäre Center Bob Pettit die Mannschaft hievte. Seit dem Umzug in die Sportstadt Atlanta 1968 aber blieben große Erfolge aus. Zuletzt schafften es die Hawks 2011 ins Viertelfinale. Doch jetzt soll’s für den großen Wurf reichen.

War die riesige heimische Arena sonst nur selten gefüllt, so sind Spiele der Atlanta Hawks nun immer öfter ausverkauft. Zwar ist die reguläre NBA-Saison noch längst nicht zu Ende, doch in Atlanta träumt man schon jetzt von einer Finalteilnahme. Im schwach besetzten Osten der Liga ist das nicht unmöglich, gerade wegen der aktuellen Form der Hawks. Schließlich spielt nicht jeden Abend ein Anthony Davis im gegnerischen Team.

DAVID E. DIGILI