Die ARD und die Macht

VON STEFFEN GRIMBERG

Der Vorstoß des ARD-Gremienvorsitzenden Volker Giersch, eine stärkere Aufsicht für das Erste zu fordern, trifft ins Schwarze. Denn das Hauptprogramm des öffentlich-rechtlichen Anstaltsverbundes sendet zwar zentral für die gesamte Republik und wird durch immer mehr zentrale Stellen wie die des ARD-Programmdirektors bestimmt. Doch die Kontrolle findet scheibchenweise in der jeweiligen Verantwortung der Landesrundfunkanstalten statt: Jedes Dorf, jeder ARD-Köter darf hier mal mehr, mal weniger mitbellen.

Effiziente Selbstaufsicht und Kontrolle sehen anders aus – der Schleichwerbeskandal vor zwei Jahren hat die Defizite eindrücklich aufgezeigt. Sie sind bis heute nicht wirklich behoben.

Wenn Giersch nun eine eigenständige mittelfristige Programm- und Finanzplanung für das „milliardenteure ARD-Gemeinschaftsangebot“ fordert, die von einem „dafür zuständigen Aufsichtsgremium“ genehmigt werden müssten, ist das zwar zu begrüßen: Nur – wer soll dieses Gremium sein? Die täglich geübte Praxis sieht eben anders aus: Da haben die ARD-Intendanten und ihr Programmdirektor „eine unkontrollierte Machtfülle auf ARD-Gemeinschaftsebene“. Dies ist übrigens kein Zitat aus dem Fundus der Privatsenderlobby, sondern die Einschätzung eines Verwaltungsrats beim Saarländischen Rundfunk, der derzeit den Vorsitz in der ARD führt.

Einen von der SPD ins Spiel gebrachten „ARD-Rat“ für das Erste lehnt Giersch unter Verweis auf die föderale Struktur der ARD ab. Doch seine Empfehlung, stattdessen sollten die Gremien ihre „Spielräume offensiv nutzen“, greift massiv zu kurz. Aufgrund ihrer staatsfernen Struktur wird die ARD hier selbst handeln müssen – und zwar rasch, um ihr ohnehin lädiertes Image nicht weiter zu schwächen. „Die ARD braucht manchmal länger, doch wenn sie sich zu einer Sache entschließt, dann kennt sie kein Halten“, schrieb unlängst eine deutsche Tageszeitung für kluge Köpfe. Es wird höchste Zeit.

Doch der ARD-Gremienchef geht noch weiter: Die Kontrolle des Funktionsauftrags, also der Kern jeglicher Selbstaufsicht, liege derzeit aus strukturellen Gründen nicht hinreichend im Fokus der Gremienkontrolle, so Volker Giersch. Das ist eine öffentlich-rechtliche Bankrotterklärung. Aber wenigstens ehrlich.

„Die ARD braucht manchmal etwas länger“, schrieb jene Zeitung