Filme aus einem Land im Umbruch

GEWAGT Rumänen sind nicht gerade verrückt nach Kino, aber zuletzt haben rumänische Regisseure auf verschiedenen Festivals Preise abgeräumt. Das B-Movie in Hamburg widmet ihnen im Februar eine ganze Reihe

Rumänien ist kein Kinoland. Es soll gerade einmal 80 Leinwände geben und die Rumänen gehen im Schnitt in zehn Jahren einmal ins Kino. Jedes Jahr werden nur zehn bis 20 Filme produziert, und doch wird seit einigen Jahren von einer neuen rumänischen Welle gesprochen. Auf der Berlinale läuft in diesen Tagen im Wettbewerb mit „Aferim“ von Radu Jude ein rumänischer Film. Angestoßen wurde der Trend aber wie so viele in Cannes. Dort gewinnen Rumänen regelmäßig Preise. In den nächsten Wochen zeigt das B-Movie in Hamburg die abwechslungsreiche Reihe „Filmland Rumänien“.

Als eine Art Prolog läuft dort „Videogramme einer Revolution“ (8. 2., 19 Uhr) von Harun Farocki und Andrej Ujica, in dem Fernsehbilder der rumänischen Revolution von 1989 montiert und verfremdet wurden. Mit „Mäander“ (14. 2., 22 Uhr) von Mircea Saucan und „Die Rekonstruktion“ (19. 2., 22 Uhr) von Lucian Pintilie werden zwei Filme aus der Zeit von Nicolae Ceausescu gezeigt. Vor allem auf „Die Rekonstruktion“, der die Geschichte zweier jugendlicher Straftäter erzählt, die ihre Tat für einen Propagandafilm nachstellen müssen und der 1969 als staatsfeindlich verboten wurde, beziehen sich die heutigen rumänischen Regisseure gern.

Erfolg in Cannes

Cristu Puiu gewann 2005 mit „Der Tod des Herrn Lazarescu“ (15. 2., 19 Uhr), in dem er das Sterben eines 63-Jährigen zeigt, in Cannes den Preis „Un Certain Regard“. 2006 bekam Corneliu Porumboiu für „12:08 Jenseits von Bukarest“ (14. 2., 20 Uhr) in Cannes die „Goldene Kamera“. Der Höhepunkt dieser Preisserie war 2007 die Verleihung der „Goldenen Palme“ für „4 Monate, 3 Wochen, 2 Tage“ (12. 2., 19.30 Uhr) von Cristian Mungiu, in dem eine Frau versucht, abzutreiben.

Für „Police, Adjective“ (15. 2., 21 Uhr) bekam Corneliu Porumboiu 2009 den Preis „Un Certain Regard“. Dieser Film zeigt, wie ein Polizist korrumpiert wird. In „Dienstag nach Weihnachten“ (7. 2., 20 Uhr) von Ratu Muntean muss sich – recht klassische Idee – ein Mann zwischen zwei Frauen entscheiden. Hier wird von der bürgerlichen und westlich orientierten Bukarester Gesellschaft erzählt – ganz ähnlich hätte die Geschichte in Berlin oder Paris spielen können.

„The Second Game“ von Corneliu Porumboiu (8. 2., 21 Uhr) ist eine stilistisch gewagte Abrechnung mit dem Ceausescu-Regime. Man sieht nur das Fußballspiel, das die rumänischen Erstligisten Dinamo und Steaua im Dezember 1988 austrugen. Das Besondere: Der Vater, damals Schiedsrichter, erklärt nun seinem Sohn, warum es wichtig ist, sparsam mit gelben Karten umzugehen. Bescheiden in der Wahl seiner Mittel, öffnet dieser Film einen riesigen Raum: Er reicht zurück in eine andere Zeit, in ein anderes Gesellschaftssystem, in ein Land, das es so nicht mehr gibt – dessen totalitäre Vergangenheit aber längst nicht überwunden ist.  WILFRIED HIPPEN

„Filmland Rumänien“: bis 28. Februar, B-Movie, Hamburg