Sie kennt ihren Marktwert

ALPIN-WM Die Österreicherin Anna Fenninger streitet sich mit den Mächtigen des nationalen Ski-Verbands, was sie nicht davon abhält, den Super-G zu gewinnen

„Ich wusste, ich kann nichts verlieren, nur gewinnen. Und wenn ich nichts gewinne, habe ich auch nichts verloren“

ANNA FENNINGER

AUS VAIL ELISABETH SCHLAMMERL

Auf der einen Seite schirmte sie der Pressesprecher des Österreichischen Skiverbands (ÖSV) ab, auf der anderen ihr Manager. Und nicht weit entfernt wartete auch noch Freund Manuel auf Anna Fenninger. Die erste Goldmedaillengewinnerin bei der alpinen Ski-WM in Vail scheint auf den ersten Blick etwas schutzbedürftig zu sein. Wenn sie spricht, wirkt sie scheu, schüchtern, aber tatsächlich weiß Anna Fenninger sehr genau, was sie will.

Die Athletin aus dem Salzburger Land hat das Herz auf dem rechten Fleck. Aber im Moment gibt es Dinge in ihrem Leben, die sie ausblenden muss, und das ist nicht einfach. „Ich weiß, dass das Thema nicht vorbei ist, sondern weitergeht“, sagte die 25-Jährige am Dienstag. Gemeint war nicht die sportliche Leistung, nicht ihr Triumph im Super-G vor der Slowenin Tina Maze und Lindsey Vonn aus den USA, sondern, dass sie Ärger mit dem ÖSV hat, oder besser: vor allem ihr Manager Klaus Kärcher hat ihn. Es geht dabei ums Geld sowie einen Machtkampf zweier Alphatiere. Angeblich hat Verbandspräsident Peter Schröcksnadel das Versprechen, für Sponsoreneinnahmen in Millionenhöhe zu sorgen, nicht eingehalten, anschließend soll Kärcher mit einem direkten Konkurrenten des ÖSV-Auto-Sponsors verhandelt haben.

Die Geschichte begann aber schon früher, vor vier Jahren. Nach ihrem WM-Titel in der Kombination von Garmisch hatte sich Fenninger einen Manager gesucht, und Kärcher, der mit seiner Agentur im schwäbischen Fellbach auch den Turner Fabian Hambüchen vermarktet, gefunden. Dass dieser Piefke eine seiner Athletinnen so offensiv vermarktet, das gefiel dem allgewaltigen Schröcksnadel nicht.

Es ist nämlich so, dass der ÖSV seit Jahren die Superstars selbst managt und ihnen lukrative Sponsoren besorgt. Vermutlich findet sich kein Athlet, der behaupten würde, dass er schlecht damit gefahren sei. Schröcksnadel hat beste Kontakte – zu Verbänden ebenso wie zu Unternehmen. Der Sponsorenpool des ÖSV deckt zudem die meisten großen Wirtschaftszweige des Landes ab. Vor zwei Jahren lockte Schröcksnadel den Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher zur verbandseigenen Agentur, aber bei Fenninger blitzte er ab. Und das hat womöglich mit ihren Erfahrungen zu tun, die sie als ganz junge Athletin gemacht hat. Sie galt aufgrund herausragender Leistungen bei Junioren-Weltmeisterschaften als neue Annemarie Moser-Pröll, aber dieser Anspruch war für die gerade 16 Jahre alte Fenninger zu hoch. Sie wäre fast zerbrochen daran. Man habe sie einfach „in den Weltcup reingeschmissen“, statt sie darauf vorzubereiten. Sie hat sich durchgesetzt, weil sie gelernt habe, „nicht zu viel zu wollen. Ich weiß, wie ich bei mir bleibe.“

Der Konflikt eskalierte nach der vergangenen Saison, in der Fenninger Gold bei Olympia in Sotschi und den Gesamtweltcup gewann. „Ich versuche im Moment, alles von Anna fernzuhalten“, sagt Kärcher, der verspricht: „Nach der Saison kommt alles auf den Tisch.“ Bis dahin könne Fenninger nur eine Antwort geben, „und die ist sportlich“.

In dieser Gemengelage den Fokus zu behalten, ist eine erstaunliche Leistung. Als am Dienstag der Super-G zunächst verschoben, dann verkürzt und schließlich wegen starker Windböen immer wieder unterbrochen werden musste, konzentrierte sich die spätere Siegerin nur auf die bevorstehende Fahrt. Und da hieß der Fixpunkt Viktoria Rebensburg, die eine Bestzeit vorgelegt hatte. Fenninger sah die Fahrt der 25-Jährigen vom Tegernsee oben am Start im Fernseher und fühlte sich bestätigt. „Ich habe mir gedacht, so habe ich auch besichtigt.“ Nur die Umsetzung war besser, sie fuhr 0,78 Sekunden schneller als die fünftplatzierte Rebensburg.