… lesen wir Liszt

Er konnte kaum ungarisch, nannte sich aber „Magyar“. Das sei er seiner Heimat schuldig, fand der vor 200 Jahren geborene Franz Liszt, der als Komponist so renommiert wie als eitler Klaviervirtuose verschrieen war. Doch er war auch PR-Mensch: Zehn Bände seines Werks bestehen aus Übertragungen von Orchesterwerken anderer Komponisten für Klavier. „Diese Partituren waren für den damaligen Bürger die einzige Chance, Orchesterwerke kennenzulernen“, sagt Jürgen Neubacher. Er ist Musikwissenschaftler an der Hamburger Universitätsbibliothek, die heute für ein, zwei Stunden einen noch nie gezeigten Liszt-Autographen präsentiert. Er hat darin die Arie „Es ist genug“ aus Felix Mendelssohn-Bartholdys Oratorium „Elias“ für Orgel arrangiert – zur Einweihung der Merseburger Domorgel. Aufgeführt wurde es aber nie, und Liszt schenkte die Noten dem Organisten; irgendwann gehörten sie einem Hamburger, der sie der Bibliothek gab. Die wird sie ab morgen zugänglich machen – sowohl „live“ als auch im Internet.