CDU schwächelt bei Inklusion

KEHRTWENDE CDU-Politiker bezeichnen schwarz-grüne Schulgesetz-Änderung als zu teuer. Kinder mit Förderbedarf sollen an Schulen gebündelt werden

■ Bereits 2009 hat die Bundesrepublik die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet, die unter anderem inklusiven Unterricht vorsieht.

■ Dass die Konvention keine Vorgaben mache, auf welche Weise die Inklusion behinderter SchülerInnen genau zu gewährleisten sei, haben gerade christdemokratische Bildungsverantwortliche immer wieder unterstrichen – gegenüber der taz etwa auch Bernd Althusmann, CDU-Fachminister in Niedersachsen und seit Februar 2011 Präsident der Kultusministerkonferenz.

Die CDU-Fraktion hat sich von einer wichtigen Entscheidung der schwarz-grünen Regierungszeit distanziert. Die Einfügung des Paragrafen 12 ins Schulgesetz, nach dem jedes behinderte Kind das Recht hat, eine normale Schule zu besuchen, sei „vorschnell“ gewesen, sagte deren Schulpolitiker Robert Heinemann. „Sowohl der zeitliche als auch der finanzielle Aufwand wurde unterschätzt.“ Besser hätte man von der CDU zuvor initiierte Pilotprojekte ausgeweitet.

„Ich habe damals für das Gesetz gestimmt“, räumt Heinemann ein. In den Koalitionsverhandlungen 2008 habe er aber deutlich gemacht, dass er gegen zu schnelles Vorgehen sei. Doch nach Unterzeichnung der UN-Konvention für Behinderte und auch unter Druck der SPD habe Schwarz-Grün dann 2009 anders entschieden. Gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Walter Scheuerl legte er „Eckpunkte“ vor, wie die UN-Konvention dennoch umgesetzt werden könne.

Wie berichtet, plant die Schulbehörde ein neues Konzept, das für die eher durchs soziale Umfeld bedingten Beeinträchtigungen im Bereich Lernen, Sprache und Entwicklung (LSE) keine „Statusdiagnostik“ mehr vorsieht. Dies ist aus CDU-Sicht ein „Irrweg“. Ob Kinder Förderbedarf haben, müsse schon bei der Viereinhalbjährigen-Untersuchung festgestellt werden. Allerdings ist umstritten, ob dies bei allen Kindern so früh möglich ist.

In sich widersprüchlich ist die Position der Christdemokraten bei der Wahlfreiheit der Eltern. Diese sollten zwar entscheiden dürfen, ob ihr Kind auf eine Sonderschule oder allgemeine Schule geht. Damit jedes Kind den richtigen Pädagogen bekommt, sollten aber die Schüler nach ihrem Förderbedarf an bestimmten Schulen „gebündelt“ werden. Es sei nicht sinnvoll, dass sich „unkoordiniert jeder an jeder Schule anmelden kann“, findet Heinemann.

Die CDU will ihre Eckpunkte im Schulausschuss diskutieren. „Darauf freue ich mich schon“, sagt SPD-Schulpolitiker Lars Holster. Dass Kinder mit Förderbedarf an einzelnen Schulen konzentriert würden, sei mit der SPD nicht zu machen. „Dann ballen sich die Probleme. Das ist genau, was wir nicht wollen“, sagt Holster. „Die CDU weicht das Recht der Kinder auf Besuch einer allgemein Schule auf“, kritisiert auch die GAL-Politikerin Stefanie von Berg. Mit diesem Schritt zurück isoliert sich die CDU selbst. KAJ