Der Bus, der dich frei macht

Vom Nutzfahrzeug zum Mythos: 60.000 Fans aus der ganzen Welt feierten am Wochenende den 60. Geburtstag des VW-Busses. Geht es nach Hersteller Volkswagen, wird aus dem Weltenbummler und Lastesel auf vier Rädern nun ein richtiges Kult-Auto

Und noch ein „Kult“-Auto: Es gibt den zum „Beetle“ mutierten Käfer, den Mini, der von BMW gebaut wird, und mit dem Cinquecento versucht Fiat gerade an den kugelrunden 500 zu erinnern. Und Volkswagen legt derzeit schon nach: Aus dem VW Bus wollen die Wolfsburger eine „Legende“ zimmern. Dass die PR-Strategen dabei auf einem guten Weg sind, wurde am Wochenende auf dem Messegelände in Hannover deutlich: Gut 60.000 Besucher kamen zur Party rund um den 60. Geburtstag des VW „Bulli“. Mehr als 4.000 Transporter aus sechs Jahrzehnten und 21 Ländern waren angereist: Quietschbunte „Flower-Power“-Busse, chromglänzende Sammlerstücke und mittendrin die Bulli-Freaks mit ihren Bus-Tattoos. Auf zwei Bühnen wurden die Bulli-Fans bespaßt. Barbara Schöneberger moderierte, es gab, natürlich, „Pimp my Bus“-Contests, und den passenden Sound lieferten die Altrocker von „The Who“. Auf ihrer Playlist: Songs wie „My Generation“, „Magic Bus“ oder den eigens für den VW-Transporter komponierten Song „Going mobile“.

„Den kannst du in der Sahara auch schon mal aus dem Sand ziehen“, erklärt Gerhard Plattner die Vorzüge des VW-Vehikels. Mit einem anderen Campingmobil „geht das nicht“. Dreimal hat der 68-jährige Innsbrucker in den vergangenen 20 Jahren mit den verschiedensten Modellen des Kleintransporters schon die Erde umrundet, eine Million Bulli-Kilometer hat Plattner auf dem Buckel. Und: Er hat auch schon den Imagewandel inhaliert, den VW gerade mit dem Transporter vollziehen will: „Dieser Bus“, sagt Plattner, „macht dich frei.“

Zehnmillionenmal ist der Bulli bis heute vom Band gelaufen, war und ist Gefährt von Handwerkern, Postdienstleistern, Ordnungshütern oder Campingurlaubern. Der von VW nun heraufbeschworene „Mythos“ rund um den einst kulleräugigen, inzwischen kantigen Kleintransporter gründet sich jedoch auf die 60er und 70er Jahre. Auf den staubigen „Hippie-Trails“ über Istanbul, Teheran und Kabul knatterten damals viele Bullis Richtung Goa in Indien. Die weltreisende Jugend stand auf den Bus: Das Klein-Mobil braucht wenig Sprit, ist robust und bietet genug Platz zum Übernachten. Auch in den USA zog es die Freaks in mit Peace-Zeichen, Blumen und psychedelischen Mustern bemalten VW-Bussen in die Landkommunen Kaliforniens. Mit Erfolg: Vom seit 1967 gebauten Nachfolgemodell des ersten Bullis, dem T 2, wurde ein Viertel der bis 1979 insgesamt drei Millionen Einheiten in den Vereinigten Staaten verkauft. Während im VW-Nutzfahrzeugwerk in Hannover seit 2003 die fünfte Auflage fabriziert wird, laufen bei Volkswagen do Brasil sogar heute noch Busse vom Band, die dem „T 2“ von einst ähneln.

Angefangen hat die Bulli-Story im Jahr 1947, als der niederländische Autoimporteur Ben Pon auf dem VW-Werksgelände in Wolfsburg umgebaute Käfer-Chassis rollen sah, mit denen Mitarbeiter schwere Lasten transportierten. Pon etwickelte die Fahrzeuge mit einer Zeichnung weiter, auf der sich bereits wichtige Features erkennen lassen: Frontlenker, Heckmotor, dazwischen eine glatte Ladefläche. Die Blaupause für den ersten VW-Bus, der im April 1950 vom Stapel lief – 25 Pferdestärken, 100 km/h Spitze, Preis: 5.850 Mark. Ein Spitzname war schnell gefunden: „Bulli“, kurz für Bus und Lieferwagen. 1951 kam die erste Camping-Version auf den Markt, noch bis 1960 hatte der VW-Bus Winker statt Blinker. Seit 1956 wird er in Hannover gefertigt, heute ist VW Nutzfahrzeuge der größte Arbeitgeber der Stadt. 15.000 Menschen arbeiten hier.

„Der Bulli ist Emotion pur“, sagt VW-Markenvorstand Harald Schomburg. „In den Köpfen der Menschen“ stehe das Gefährt für „Freiheit, Reisen und Individualität“, und folgerichtig will er künftig jung wie alt durch die „Liebe zur T-Baureihe“ anfixen. Die Geburtstagsparty für den Kleintransporter am Wochenende in Hannover könnte da also nur der Auftakt für weitere Events sein: „Unsere Marke weiter emotional aufzuladen“, sagt Markenvorstand Schomburg, „ist das Ziel der nächsten Jahre.“ KAI SCHÖNEBERG