Alles auf Anfang bei Alba

Berlins Elitekorbjäger machen wieder einmal einen Neuanfang. Trainer Luka Pavicevic durfte eine Mannschaft nach seinem Belieben zusammenstellen. Die soll endlich einmal wieder den Meistertitel holen – mit Teambasketball

Basketball ist ganz klein geworden. Wer eine Live-Übertragung eines Bundesligaspiels sehen und auch erkennen will, was sich auf dem Parkett tut, der braucht schon einen Breitband-Anschluss mit Turbo. Der Saisonauftakt von Alba Berlin in Quakenbrück war das erste Liga-Spiel, das im Internet übertragen wurde, auf sportdigital.tv. Und wer nichts extra zahlt, um seinen DSL-Anschluss zu beschleunigen, der bekam für seine 2,99 Euro, die ein Spiel kostet, ein kleines Würfelchen, nicht größer als ein Post-it-Zettelchen auf dem Bildschirm angezeigt, in dem das Match zu sehen war.

Im vergangenen Jahr hatte die Basketball-Bundesliga (BBL) noch einen Vertrag mit dem Pay-TV-Sender Premiere. Da war Basketball noch groß. In dieser Saison, die am Donnerstag vergangener Woche mit dem 78:72-Sieg der Berliner begonnen hat, ist der Sport ganz tief hinten in der Nische verschwunden. Basketball in der Krise?

Marco Baldi, der Manager von Alba Berlin, mag das nicht so sehen. Über die TV-Präsenz sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Baldi hofft auf ein Engagement der Öffentlich-Rechtlichen. Die könnten die billig produzierten Bilder von sportdigital.tv günstig erwerben. Aber auch so ist dem Manager nicht bange. Obwohl in der letzten Saison mit dem Ausscheiden im Meisterschafts-Viertelfinale, mit dem frühen Scheitern in Europas zweitklassigem Uleb-Cup alle Saisonziele weit verfehlt wurden, hat er wieder einen Etat von geschätzten 6,5 Millionen Euro aufstellen können. Doch der Druck ist gestiegen. Das Berliner Basketballpublikum steht zwar zu Alba, auch wenn es keine Titel hagelt so wie in der Vergangenheit. Die Geldgeber sind indes so leicht nicht bei der Stange zu halten.

Und so soll wieder einmal alles besser werden als im Vorjahr. Der neue Trainer, der Serbe Luka Pavicevic, soll den Titel holen. Dafür wurde ihm beinahe jeder Wunsch erfüllt. Als die Berliner in Quakenbrück aufliefen, waren nur noch vier Spieler dabei, die das desaströse Ausscheiden im Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft im Frühling miterleben mussten, als Alba drei bittere Niederlagen kassiert hat: Julius Jenkins, Johannes Herber, Nicolai Simon und Philipp Zwiener. Mit Nationalspieler Demond Greene wurde einer der Publikumslieblinge aussortiert. Der Trainer konnte nichts mit ihm anfangen. Insgesamt verließen neun Spieler den Klub. Der Neuanfang, er war ein harter Schnitt.

Und der verläuft nicht so, wie sich Pavicevic das vorgestellt hat. Denn der Spielmacher, den er sich für seine Systeme ausgesucht hat, der Montenegriner Goran Jeretin, ist schwer am Kreuzband verletzt. Ob er in dieser Saison überhaupt spielen kann, ist ungewiss. Der US-Amerikaner Bobby Brown, ein in der Liga unbekannter Mann, soll nun die Bälle nach vorne tragen und verteilen. In Quakenbrück hat er das ganz ordentlich gemacht, ein wenig zurückhaltend und recht unspektakulär. Zauberhafte Tricks würde sein Trainer wohl als Mätzchen bezeichnen und ihn schelten. Brown hat es so weit gar nicht kommen lassen und bescheiden die Systeme angezeigt.

Die liefen nicht schlecht in Quakenbrück. 16 Assists zeugen davon, dass keine Show der Einzelkönner zu erwarten ist in dieser Saison. Teambasketball ist angesagt bei Alba Berlin. Über die Anspiele wird sich der neue Center Patrick Femerling (13 Punkte) ebenso freuen wie der in Quakenbrück überzeugende Flügelspieler Dijon Thompson, der Topscorer (20 Punkte) der Berliner zum Saisonauftakt.

Marco Baldi weiß, dass Jubilieren über den Sieg in Quakenbrück nicht angebracht ist. Auch wenn es teilweise gut gelaufen ist, rund gelaufen ist es noch nicht im neuen Team. Doch ihm hat gefallen, was er gesehen hat. Das Spiel hat seinen Eindruck bestätigt, den er schon, seit er ihn kennt, vom neuen Trainer hat. Er sagt, was Klubmanager zu sagen pflegen, wenn ein neuer Trainer alles anders machen darf und viel von dessen Geschick abhängt: „Er ist ein Glücksfall.“ Man wird sehen.

Wer das Team nun in voller Größe bewundern will, der kann dies beim ersten Heimspiel der Berliner am Mittwoch um 19.30 Uhr gegen die Gießen 49ers in der Max-Schmeling-Halle.

ANDREAS RÜTTENAUER