Bedenken gegen private Arzneimittelaufsicht

Union kritisiert geplanten Umbau der Medikamenten-Kontrolle. Elektronische Gesundheitskarte kommt ab April 2008

BERLIN taz ■ Die Koalition ist sich über die geplante Privatisierung der Arzneimittelaufsicht uneins. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller befürchtet, dass eine industriefreundliche Regelung die Sicherheit gefährde. „Der Schutz der Gesundheit der Patienten ist höherrangig als das Interesse der Hersteller“, schreibt Zöller in einem Brief an Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), den der Spiegel zitiert.

Das Gesundheitsministerium wies die Bedenken zurück. Die neue Einrichtung werde „sicherer und effizienter“ sein als die bisherige, sagte ein Sprecher der taz. Die Zulassung und die Kontrolle von Medikamenten werde scharf getrennt. „Die Kontrolle der Arzneimittelsicherheit ist und bleibt Aufgabe des Staates.“

Das Gesundheitsministerium plant, das bisher für die Zulassung und die Überwachung von Medikamenten zuständige Bundesinstitut in eine weitgehend privatwirtschaftlich organisierte Agentur umzuwandeln: die Deutsche Arzneimittel- und Medizinprodukteagentur (Dama) . Sie soll neben Steuern über Gebühren der Pharmaindustrie finanziert werden. Zudem soll die Zulassungszeit für Medikamente deutlich verkürzt werden. Das Kabinett hat das Gesetz bereits Ende 2006 beschlossen, seitdem liegt es wegen ungeklärter Fragen auf Halde.

Wolfgang Zöller (CSU) sieht hingegen die Gefahr, dass bei der Zulassung in Zukunft „ökonomische Erwägungen eine größere Rolle spielen als eine solide Prüfung“, sagte er am Wochenende. Bereits heute müssen jährlich 80.000 Patienten wegen Nebenwirkungen von Medikamenten ins Krankenhaus, wie der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen in seinem aktuellen Gutachten schätzt.

Zudem hat das Gesundheitsministerium die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ab April 2008 bestätigt. Rund 80 Millionen Versicherte erhalten von da an nach und nach eine Chipkarte, die die bisherige Versichertenkarte ablöst. Der Chef der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH), Ingo Kailuweit, rechnet jedoch wegen technischer Probleme erst mit einer Einführung Mitte 2009. Datenschützer befürchten einen möglichen Missbrauch der Karte und kritisieren die zentrale Speicherung der Daten. WOLF SCHMIDT