Bewährung für Chantals Pflegeeltern

METHADON-PROZESS

Eine Stunde brauchte Richter Rüdiger Göbel, um das Urteil zu begründen: Wegen fahrlässiger Tötung verurteilte er die Pflegeeltern der elfjährigen Chantal am Donnerstag zu Bewährungsstrafen – den Vater zu einem Jahr, die Mutter zu acht Monaten. Eine grobe Verletzung der Fürsorgepflicht stellte das Hamburger Landgericht nicht fest.

Am 16. Januar 2012 starb Chantal an den Folgen einer Methadon-Vergiftung. Den Heroin-Ersatz hatte das Mädchen in der Wohnung ihrer drogenabhängigen, substituierten Pflegeeltern gefunden. Sie soll das Medikament für ein Mittel gegen Übelkeit gehalten haben. Die Aussage der Pflegeeltern, das Methadon sei in der Garage verwahrt gewesen, hielt der Richter nun für eine Schutzbehauptung. Aus Sicht des Gerichts hatte der Pflegevater das sterbende Mädchen allein gelassen und war zur Arbeit gegangen. Sachverständigen zufolge hätte er das Mädchen zu diesem Zeitpunkt noch retten können.

Der Mann müsse nun mit der Schuld leben, sagte Göbel. Dennoch sei das Pflegekind in der Familie nicht verwahrlost gewesen. Ein Vergleich zu anderen Hamburger Fällen, etwa der dreijährigen Yagmur, die von ihrer Mutter ermordet wurde, sei deshalb falsch, kritisierte der Richter auch die Berichterstattung: Es habe eine „Vorverurteilung“ der Pflegeeltern gegeben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Staatsanwaltschaft und Verteidigung wollen in Revision gehen.  REA