Eiernde Ministerin

GEFÄNGNIS-AFFÄRE

Der Vorfall selbst dauerte kaum eine Viertelstunde, die politische Aufarbeitung dafür braucht umso länger: Seit Wochen freut sich die Opposition im Kieler Landtag über den ungeschickten Umgang der Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) mit einer Geiselnahme, die sich an Heiligabend im Gefängnis in Lübeck zugetragen hat. In der abgelaufenen Woche musste gar Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) im Innenausschuss seine Ministerin verteidigen. Ihm kreidet die Opposition mangelndes Interesse an, nachdem Albig erklärte, von der Tat erst aus der Zeitung erfahren zu haben.

Müsste Spoorendonk gehen, wäre es schon der dritte ungeplante Abschied aus dem Kabinett – ein Horrorszenario für die Regierung aus SPD, Grünen und SSW. Das ist auch Spoorendonk klar, und so wurde sie für ihre Verhältnisse schon geradezu angriffslustig: „Mir reicht es allmählich!“ Es gehe nicht um Krisenmanagement, sondern um den Umgang mit der Krise.

Die Häftlinge, die Heiligabend einen Wärter als Geisel nahmen, wurden schnell überwältigt. Anstaltsleiterin Agnete Mauruschat rief danach aber nicht die Polizei, Spuren wurden erst 24 Stunden später gesichert. Eine Dummheit – aber auch ein Vergehen?

Das Ministerium eierte. Spoorendonk stellte sich vor die Anstaltungsleiterin, gab aber zu, dass deren Vorgehen sachlich fehlerhaft gewesen sei. Inzwischen regelt eine Verordnung, wer wann zu informieren ist. Und gegen Gefängnischefin Mauruschat läuft ein Disziplinarverfahren, zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Strafvereitelung.

Nach Äußerungen über Stress und Angst unter den Gefängnisbediensteten wird inzwischen auch über die Sicherheitsvorschriften in Schleswig-Holsteins Knästen insgesamt debattiert. Dabei hatte Spoorendonk zu Jahresanfang erst ein Gesetz vorgelegt, das stärker auf Freizügigkeit und Angebote zur Resozialisierung während der Haft setzt.  EST