Tim Caspar Boehme hört auf den Sound der Stadt

Berlin ist eine Chorstadt, auch wenn man das im Alltag nicht groß mitbekommt. Gesungen wird in der Regel ja auch nicht auf offener Straße, sondern hinter geschlossenen Türen. Im Kammermusiksaal der Philharmonie singt heute der RIAS-Kammerchor, und zwar Werke von osteuropäischen Klassikern der neuen Musik wie der aus Russland stammenden Komponistin Sofia Gubaidulina – sie feiert am Montag ihren 80. Geburtstag – oder dem fünf Jahre älteren Ungarn György Kurtág. Und wo der Gesang die unmittelbarste Form ist, mit dem Körper zu musizieren, ist der Tanz die direkteste Weise, Musik körperlichen Ausdruck zu verleihen. Das kann man heute zu vorgerückter Stunde und bis zur völligen Erschöpfung im Horst Krzbrg bei der dritten Ausgabe des „Bodywerk“ tun. Zu erleben sind neuere Entwicklungen der amerikanischen Tanzmusik zwischen Bassmusik und HipHop – es wird also rhythmisch vertrackt zugehen, wenn die Westküstenrabauken Lazer Sword sich live die Ehre geben oder DJ Rashad den aktuellen Forschungsstand von Footwork (der Name ist Programm) präsentiert. Wenig Grund zum Feiern bietet hingegen ein Vorstoß der Berlin Music Commission, eines Netzwerks aus Veranstaltern, Clubbetreibern, Labels und Verlagen. Mit ihrer Kampagne „Musik 2020 Berlin“ wollen sie massiv Einfluss auf die Förderpolitik des Landes nehmen. Musiker sind im Kuratorium des Netzwerks keine vertreten, und so befürchten Beobachter wie der RBB-Jazzredakteur Ulf Drechsel, dass die freie Künstlerförderung bedroht ist. Individuell gegensteuern kann man, indem man etwa am Donnerstag das Konzert des frei improvisierenden Gitarristen Andreas Willers besucht oder alternativ den energischen Klangexperimenten des Schlagzeugers Michael Wertmüller und des Keyboarders Dominik Blum im Aufsturz beiwohnt.

■ RIAS Kammerchor: Philharmonie, Fr., 20 Uhr. Ab 20 Euro

■ Bodywerk: Horst Krzbrg, Fr., 23 Uhr. Ab 8 Euro

■ Andreas Willers: Sowieso, Do., 20.30 Uhr

■ Wertmüller & Blum: Aufsturz, Do., 21 Uhr. 9/6 Euro