Geben und nehmen per Klick

DAS KAPITAL Unternehmensgründer und Geldgeber können sich im Internet finden. Die Konzepte der Portale haben sehr unterschiedliche Philosophien

Die Gründer erhalten Feedback und Aufmerksamkeit für ihr Produkt

Viele Start-ups nutzen mittlerweile Crowdfunding, um die erste Phase ihres Businessplans umzusetzen. Sie zapfen mittels Micropayment den Geldbeutel der Internetmassen an. Denn wenn sehr viele wenig geben, kommt trotzdem eine Menge zusammen. Eine beliebte Adresse für solche Sammelaktionen ist die US-Plattform Kickstarter. Neben Comic-Künstlern oder Dokumentarfilmern, die alternative Formen des Kultursponserings suchen, tummeln sich hier smarte Jungunternehmer mit zukunftsweisenden Produktideen. Insgesamt wurden via Kickstarter bereits mehr als 100 Millionen Dollar ausgeschüttet, Summen von 100.000 Dollar für einzelne Projekte sind keine Seltenheit.

Deutsche Plattformen wie Startnext.de funktionieren ähnlich, wenn auch noch mit weniger Nullen vor dem Komma. Manchmal bekommt man für die Mikro-Spende das Produkt selbst, Profis sprechen dann vom „Pre-Order“-Modell. Meistens bleiben die Geldgeber virtuelle Wohltäter, motiviert durch kleine Aufmerksamkeiten vom T-Shirt bis zum Candle-Light-Dinner.

Bei Seedmatch.de ist das anders. Die neugegründete Plattform verbindet Crowdfunding mit echtem Mikroinvestment. „Normalerweise geht es beim Investieren in Start-ups bei fünfstelligen Summen los, diese Schwelle haben wir gesenkt. Bei uns kann man sich schon mit 250 Euro beteiligen“, so Peter Schmiedgen, bei Seedmatch zuständig für Corporate Communications.

Mit der Mindestsumme wird man zum stillen Gesellschafter eines Start-ups, bei vollem Risiko, aber auch mit einer realen Chance, vom Erfolg einer Idee zu profitieren. Das Microinvestment-Portal tritt dabei als Vermittler auf: „Der Vertragspartner des Investors ist das jeweilige Start-up“, so Schmiedgen.

Die Geldgeber werden an Gewinnausschüttungen beteiligt, sie erhalten am Ende der Laufzeit deutlich mehr als nur den Gegenwert des Anteils zurück. Im Zentrum stehen bei Seedmatch Geschäftsfelder wie Internet, erneuerbare Energien oder Social Business, also Bereiche, für die man Unterstützer besonders gut begeistern kann. Der Community-Aspekt des Crowdfundings ist ohnehin wichtig. Die Mikroinvestoren sind über Statusupdates sozusagen live dabei. „Die Investoren können über ihr Seedmatch-Profil auch Fragen an die Gründer stellen, die dann persönlich beantwortet werden“, erklärt Schmiedgen. Vom Kontakt mit der Crowd profitieren die Gründer ebenfalls: „Sie erhalten wertvolles Feedback, und zugleich Multiplikatoren, die ihrem Produkt von Anfang an Aufmerksamkeit verschaffen.“

Die ersten zwei Projekte sind bereits online: NeuroNation, eine Onlineplattform für „unterhaltsames Gedächtnistraining“, sowie Cosmopol, ein Internetshop für exklusive Souvenirs aus über 70 Ländern. Der Kapitalbedarf beträgt 55.000 beziehungsweise 80.000 Euro, ab 250 Euro ist man als Mikroonvestor mit dabei. Mehr als 150 Unterstützer konnten die Start-ups schon gewinnen, dem „Seedlevel“-Barometer zufolge wurde bis Mitte Oktober fünfzig beziehungsweise achtzig Prozent der Endsumme erreicht.

Viele Mikroinvestoren dürfte auch überzeugt haben, dass die Angebote der beiden Unternehmen sich bereits online nutzen lassen – und für die stillen Gesellschafter attraktive Rabatte winken. Neben dem Bewusstsein, innovative Businessmodelle von jungen Gründerteams zu fördern, zählt am Ende auch das, was hinten rauskommt. Einer der Kommentare auf der Projektseite heißt nicht zufällig: „Viel Erfolg, vermehrt mein Geld!“

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