Spätstarter am Blues-Firmament

BLUES Nach seinem Debüt wollte niemand etwas von Keb’ Mo’ wissen. Heute kann der 60-jährige Gitarrist, Sänger und Songschreiber aus Nashville auf etliche Grammys stolz sein

Souverän ist der Mann mit der warmen Stimme auf seine alten Tage geworden

VON KNUT HENKEL

„Ich spiele überall dort, wo ich eine Einladung bekomme“, hat Keb’ Mo’ in einem Interview einmal behauptet. Den Satz würde der mittlerweile 60-Jährige, dessen Kopf in aller Regel ein cooles kleines Hütchen ziert, derzeit sicherlich nicht mehr wiederholen. Keb’ Mo’ ist gefragt und lässt sich längst nicht mehr festlegen. Sein Blues enthält mehr als ein paar deftige Spritzer Soul und auf seinem letzten Album jongliert er so gekonnt mit Soul, Jazz und und R & B, dass für die Tour angebaut werden musste. Größere Hallen wurden gebucht und der eine oder andere Auftritt rutschte zusätzlich ins Programm.

Dem Mann aus Los Angeles, der mittlerweile nach Nashville umgezogen ist, wird es gefallen, denn Keb’ Mo’ alias Kevin Moore kennt auch das andere Extrem. Als er 1980 sein Debüt unter seinem vollständigen Namen Kevin Moore präsentierte, wollte niemand etwas von ihm wissen. „Danach hat mich keiner mehr angerufen. Ich musste wieder ganz von vorn anfangen“, erinnert sich das Kind eines gläubigen Baptistenpaares, das mit Gospel und R & B aufwuchs. Vierzehn Jahre brauchte Keb’ Mo’, bis ein Tape mit seinen Aufnahmen auf dem Tisch bei Epic Records landete und der mittlerweile 42-jährige Gitarrist eine zweite Chance erhielt.

Und der zweite Versuch klappte, wobei ihm die Interpretation von zwei Stücken der Blueslegende Robert Johnson den Prägestempel aufdrückte. Seitdem steckt Kevin Moore in der Bluesschublade. Dass er da auch ganz gut hineinpasst, zeigen zwar auch drei Grammys für exquisite Bluesalben, aber Mister Moore hat viel mehr drauf als nur den Soundtrack für die Winterdepression zu liefern. Davon zeugt das letzte Album „Reflection“ genauso wie die Gründung des eigenen Labels „Yolabelle International“ oder das Komponieren von Songs für die Dixie Chicks. Und Perlen wie „The Whole Enchilada“ beweisen, dass Keb’ Mo’ tatsächlich auch ein Händchen für Soul-Nummern hat. Souverän ist der Mann mit der warmen Stimme auf seine alten Tage geworden – oder lässt man ihn nun einfach machen?

Keb’ Mo’ nimmt es locker: „Es ist ein gutes Problem, wenn sich plötzlich Radio- und Fernsehsender um einen reißen“, hat er jüngst in einem Interview gesagt und kokett an den Hut getippt. Gefragt zu sein gibt dem Mann, der mit einer Calypso-Band die allerersten musikalischen Gehversuche machte, die Freiheit zu machen, was er will. „Reflection“ ist so eine Art Zeitreise in die eigene Musikgeschichte. Und man darf gespannt sein, ob Keb’ Mo’ in der Fabrik auch den Calypso noch mal aufleben lässt – cool würde er dabei mit Sicherheit klingen.

■ Mi, 26. 10., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36