Teurer Assistent

Der teuerste Einkauf in der Geschichte des VfL Wolfsburg stand in leuchtend orangenen Fußballschuhen im Inneren der VW-Arena, die schwarzen Handschuhe hinten in die Hose gesteckt. Riesiger Andrang. War aber auch mal wieder eine echte Heldengeschichte. André Schürrle, Mitglied des Weltmeisterteams 2014, die Bilanz seines ersten Bundesligaspiels für den VfL: Mit 3:0 gegen die TSG Hoffenheim gewonnen, Platz 2 gefestigt, die ersten beide Tore vorbereitet, das dritte initiiert.

Zwei Stockwerke höher machte VfL-Trainer Hecking sein Strenger-Dieter-Gesicht und brummte: „Die Statistik spricht absolut für ihn.“ Und erlaubte sich darauf hinzuweisen, dass dies „erst sein erstes Spiel“ gewesen ist. Manager Klaus Allofs antwortete auf die Frage, was er denn zum „Weltmeister“ sage: „Bei uns heißt er ‚Schürrle‘, nicht ‚Weltmeister‘.“

Schält man den Kern dieser Strategie des Ballflachhaltens heraus, kann man Allofs und Hecking so verstehen: Ja, was glaubt ihr denn, warum wir Schürrle geholt haben? Antwort: Weil sie davon ausgehen, dass er zu Team und Spielstil passt. Weil er ein sehr gut ausgebildeter, fleißig arbeitender, schneller und schussstarker Stürmer ist – ideal für High-Speed-Umschaltfußball. Dosts 1:0 (3.) bereitete er vor wie Götzes Siegtor im WM-Finale und vor De Bruynes 2:0 (28.) jagte er den Ball nun an die Latte, dass es krachte, und auch de Bruynes 3:0 (84.) entstand, als er an der Mittellinie einen Passversuch von Hoffenheims Strobl abfing.

Schürrle ist nicht der erste Hochpreis-Profi, der nach Wolfsburg kommt. Aber als teuerster Transfer des Winters überhaupt personifiziert er die Entwicklung und Ansprüche der VW-Tochter. Allofs fing vor zwei Jahren mit Ivan Perisic an, dann kam Luiz Gustavo, dann Kevin De Bruyne, nun Schürrle. Jedes Mal wurde mehr Geld investiert.

Das Ironische an der Sache ist, dass der 24-Jährige eben nicht als Heldenfußballer aus Chelsea geholt wurde. Man wolle auf allen Positionen doppelt besetzt sein und habe vorher nur drei Außenstürmer gehabt, sagt Hecking. Das ist die Realität: Wolfsburg zahlt 30 Millionen Euro Ablöse für einen vierten hochklassigen Außen, der dem wirklichen solitären Spieler assistieren soll – Kevin De Bruyne.

„Kevin und ich verstehen uns“, sagte Schürrle. Das habe er gleich gemerkt. Er lobte Torhüter Benaglio, durch dessen Paraden der VfL eine Schwächephase überstand, er lobte die „Jungs“, die ihn „überragend“ aufgenommen hätten. Am Ende jedes Kurzinterviews sagte er: „Da geht noch mehr.“ Es sollte das Hyperventilieren jenes Abends dämpfen. Die Konkurrenz wird Mühe haben, es nicht als Drohung aufzufassen.  PETER UNFRIED