Vom Krankenbett an die Parkuhr

Die ersten Mitarbeiter der ehemals städtischen Kliniken sind jetzt auf Posten in Hamburgs Verwaltung gesetzt worden. Ein internes Stellenvermittlungssystem, das im Zuge der Behördenmodernisierung geschaffen wurde, macht es möglich

VON GERNOT KNÖDLER

Die Hamburger Verwaltung hat begonnen, den Exodus aus dem privatisierten Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) aufzufangen. Knapp 2.000 Krankenhausmitarbeiter wollen sich nicht damit abfinden, bei dem Klinik-Konzern Asklepios beschäftigt zu sein. Sie nehmen ihr Recht wahr, im Öffentlichen Dienst zu bleiben, der jetzt eine Beschäftigung für sie finden muss. Der Senat kann dabei auf ein internes Stellenvermittlungssystem zurückgreifen, das für die Verwaltungsmodernisierung geschaffen wurde. „Die Ersten sind schon vermittelt“, sagt Volker Bonorden, Leiter des Personalamts.

Die Rückkehr der LBK-Beschäftigten gehört zu den Risiken, die der Senat mit der Privatisierung der Krankenhäuser eingegangen ist. Wer seit Mai 1995 durchgehend beim ehemaligen LBK angestellt war, darf zu seinem früheren Arbeitgeber, der Stadt, zurückkehren. Bis zum 10. Juli vergangenen Jahres mussten sich die Betroffenen entscheiden.

Für 6.000 von 11.000 LBK-Beschäftigten kam diese Option in Frage. Ein Drittel nahm sie wahr. Bis spätestens Juli 2008 werden sie Asklepios verlassen und zu den gut 70.000 städtischen Beschäftigten stoßen. Sie zu integrieren, dürfte für das Personalamt ein Kraftakt werden.

Verschiedenen Quellen zufolge macht sich der zu erwartende Zustrom bereits jetzt bemerkbar. Viele offene Stellen wurden für möglicherweise passende und interessierte LBK-Rückkehrer frei gehalten. Bei der Polizei blieben beispielsweise Stellen im Objektschutz unbesetzt, weil erst allmählich klar wird, welches Arbeitskräftepotenzial dafür zur Verfügung steht. Um die Rückkehrer unterbringen zu können, ließ sie das Personalamt Fragebögen zu ihrer beruflichen Biografie ausfüllen, die jetzt mit dem Tableau an freien Stellen abgeglichen werden.

Bei der Vermittlung kann das Personalamt auf Know-how aus der Modernisierung und Neuorganisation der Verwaltung zurückgreifen. Hamburg legte seine Landesämter für Statistik, das Eichwesen und die Informationstechnik mit den jeweiligen Schwestereinrichtungen Schleswig-Holsteins zusammen. Es gliederte sein Tropeninstitut dem Universitätsklinikum Eppendorf an und privatisierte seine Technische Prüfstelle. Weil dabei intern viele Stellen frei wurden, Mitarbeiter anderweitig beschäftigt werden mussten und Neueinstellungen vermieden werden sollten, startete der Senat 2002 das Projekt Interner Arbeitsmarkt (Pia).

„Pia ist ein personalwirtschaftliches Instrument, um Organisationsveränderungen nicht unmöglich zu machen“, sagt Bonorden. Die Stadt entlässt ihre Leute nicht, sondern versucht, ihnen andere Arbeitsmöglichkeiten anzubieten. Wenn nötig, bildet sie sie weiter. Bonorden räumt ein, dass es bei Spezialisten wie ehemaligen Krankenschwestern „zum Teil nicht einfach“ sei, geeignete Stellen zu finden. Es stelle sich die Frage: „Was können die noch?“

Der Idealfall aus Sicht der Stadt ist sicher der einer Krankenschwester, die sich berufsbegleitend zur Sozialpädagogin ausbilden ließ und jetzt eine entsprechende Stelle übernehmen kann. Es dürfte auch nicht allzu schwierig sein, für die vielen ehemaligen Verwaltungsmitarbeiter des Landesbetriebs Krankenhäuser ähnliche Aufgaben im Behördenapparat zu finden.

Bereits abgemacht ist, dass die Arge, die Arbeitsgemeinschaft, die für das „Fördern und Fordern“ von Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängern zuständig ist, 60 ehemalige LBKler übernehmen wird. „In der Regel werden sie aus dem Verwaltungsbereich kommen, eventuell auch aus der Pflege“, sagt Arge-Sprecher René Tollkühn. Zum 1. Dezember werde ein erster Schwung von Leuten übernommen. „Dann werden sie erstmal einer intensiven Schulung unterzogen“, sagt er. Auf dem Programm stehen die hauseigene Informationstechnik und „arbeitsmarktpolitische Instrumente“.

Schwerwiegende Klagen wegen der Vermittlung sind bei der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di noch nicht eingegangen. „Es haben sich einige Kollegen bei uns gemeldet, denen ein neuer Arbeitsvertrag angeboten wurde“, sagt Michael Stock von Ver.di. Bei einigen Verträgen habe es Ungereimtheiten gegeben. Die Gewerkschaft sei darauf angewiesen, dass sich zurückkehrende Beschäftigte bei ihr meldeten, wenn sie den Wechsel einschätzen wolle. „Ob die Leute adäquat beschäftigt werden, wird die Zukunft zeigen“, sagt Stock.

Dass ehemalige LBK-Mitarbeiter notfalls zum Straßenkehrengezwungen werden sollten oder Parksünder aufschreiben müssten, sei kein Thema, versichert Personalamtsleiter Bonorden. „Wir werden mit diesen Menschen so umgehen, dass sich diese Frage gar nicht stellt“, verspricht er. Im Übrigen gelte es, sich kein falsches Bild von der Rückkehrern zu machen: „Man darf ja nicht davon ausgehen, dass diese Leute herkommen und sagen: Wir wollen nicht arbeiten.“