Fleischloses Schlachtfest

„Die Fifa – Macht und Machenschaften im Weltfußball“ spart nicht an Kritik – aber an Fakten (22.45 Uhr, ARD)

Schon der wenig zurückhaltende Titel der NDR-Produktion lässt keinen Zweifel: Die Fifa ist böse, ihre Macher sind allesamt korrupt, selbstverliebt und herrschsüchtig. Publikumswirksam werden die meist betagten und übergewichtigen Fifa-Oberen bei Tagungen in Luxushotels gezeigt, als wäre schon das Absteigen dort eine Straftat.

„Sind wichtige Fifa-Funktionäre bestechlich? Welche Rolle spielt Sepp Blatter bei den Machenschaften seines Verbandes?“, fragt die Pressemitteilung des NDR – und fügt an: „Auf all diese Fragen will der Film eine klare Antwort geben.“

Nachdem man sich die dreiviertelstündige Dokumentation angetan hat, gibt es darauf eine klare Antwort: Der Film gibt keine. Stattdessen verlieren sich die Autoren Gerold Hofmann und Dominic Egizzi in Spekulationen und verschwörungstheoretischen Ansätzen.

In einer suggestiven Art und Weise, die selbst Michael Moore imponieren würde, wird erklärt, wie die Fifa der ihr nahestehenden Sportrechteagentur ISL angeblich über ein Netzwerk von Kumpanei Verträge zuschanzte. Die im Film erwähnten (und bekannten) Ermittlungen der Schweizer Justiz lassen keinen Zweifel, dass vieles nicht mit rechten Dingen zuging. Doch wirkt es oft, als wollten die Filmemacher alles, aber auch wirklich alles versuchen, um der Fifa eins auszuwischen.

Die einzige klare Aussage des Films, die tatsächliche Korruption impliziert, ist die des afrikanischen Fifa-Delegierten Ali, der Mohammed Bin Hammam, Präsident des Asien-Verbandes und Vertrauter Sepp Blatters, der versuchten Bestechung bezichtigt. Im Zuge der ersten (und erfolgreichen) Kandidatur des Schweizers für das Amt des Fifa-Präsidenten soll Bin Hammam Ali und nahezu allen anderen afrikanischen Funktionären Vorteile durch die Wahl Blatters versprochen haben. Vor diesem Hintergrund erscheint das angeblich so konsequente Vorgehen der Fifa gegen Korruption als Augenwischerei.

Ansonsten begnügt sich die Dokumentation mit dem Wiederaufrollen altbekannter Fakten. Wieder einmal wird Jack Warner vorgeführt. Knapp zwei Minuten lang darf der Fifa-Vizepräsident und Chef des Verbandes von Trinidad und Tobago seine fast unanständige Anzahl an Ämtern und Funktionen aufzählen. Dass er sich im Vorfeld der WM 2006 mit dem Verkauf überteuerter Eintrittskarten ein beträchtliches Zubrot verdiente, ist aber längst bekannt und ermüdend oft erzählt worden. Dass der frühere Uefa-Präsident Lennart Johansson kein enger Freund Blatters ist, musste auch nicht erst enthüllt werden.

So bleibt man also nach dem Abspann mit der Erkenntnis zurück, dass die Fifa ein undurchsichtiger Verein ist. Das wusste man schon vorher. Wer auf neue Erkenntnisse gehofft hatte, wird enttäuscht.

DAVID-EMANUEL DIGILI