die taz vor zehn jahren über den friedensnobelpreis für die anti-landminen-kampagne
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Seit Stiftung des Friedensnobelpreises hat das zuständige Vergabekomitee manch fragwürdige und umstrittene Entscheidung getroffen. Nicht nur mit der Auszeichnung von Henry Kissinger und Le Duc Tho im Jahre 1973. Die Vergabe an die „Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen“ überzeugt nun ohne jede Einschränkung. Nicht nur wegen der Dringlichkeit dieses Anliegens. Sondern auch, weil der Preis erstmals nicht an prominente Personen oder etablierte Organisationen verliehen wurde, sondern an eine internationale Basisbewegung. Ausgezeichnet wurden rund tausend Gruppen mit vielen zehntausend Menschen, die seit Jahren für die Beseitigung einer der schlimmsten Plagen der Menschheit arbeiten. Beharrlich, unter erheblichem Einsatz oft auch privater Finanzmittel und zumeist jenseits des Rampenlichts, in das die Medien die Prominenten rücken. Und die maßlose Überbewertung von Lady Dianas Verdiensten um ein Landminenverbot spiegelte sich selbst noch in der Berichterstattung einiger Medien über die gestrige Preisverleihung wider. So ist die Entscheidung des Nobelpreiskomitees rundherum zu loben. Denn sie ist auch der längst überfällige Versuch, der undemokratischen Personalisierung politischer Prozesse entgegenzuwirken. Das ermutigt hoffentlich auch andere Basiskampagnen. Boris Jelzin hat gestern erklärt, daß auch Rußland jetzt zur Unterzeichnung der Verbotsvereinbarung von Oslo bereit ist. Falls Jelzin dieser Ankündigung auch Taten folgen läßt, wäre dies ein Durchbruch – und ein erster Erfolg der klugen Wahl des Nobelpreiskomitees. Aber selbst dann bliebe für die Kampagne noch viel zu tun. Die USA, China sowie rund 80 weitere Staaten sind bisher ebenfalls noch nicht an Bord. Die Bemühungen um die rund 120 Millionen Minen, die derzeit noch weltweit vergraben sind und alle 22 Minuten einen Menschen töten oder verstümmeln, stecken immer noch in den Anfängen.

Andreas Zumach, 11. 10. 1997