Umwelt ist wetterfühlig

Das Problem Feinstaub ist aus Sicht der Umweltbehörde nicht hausgemacht und wird sich mit der Zeit fast von selbst erledigen. Mit seinem Aktionsplan wähnt sich der Senat vor klagenden Bürgern sicher

VON GERNOT KNÖDLER

Das in Hamburg in zwei aufeinander folgenden Jahren die Feinstaub-Grenzwerte überschritten worden sind, ist für den Senat kein Grund, seinen Aktionsplan zu überdenken. Aus Sicht der Umweltbehörde ist das Problem in Hamburg klein. Lokale Faktoren beeinflussten die Feinstaubwerte minimal. Entscheidend sei das Wetter, weil ein großer Teil der Schadstoffe über weite Strecken herbeitransportiert werde. „Es ist sinnlos bei den Immissionen anzusetzen“, sagt deshalb Umweltstaatsrätin Herlind Gundelach (CDU). Die EU-Kommission, die die Grenzwerte für den Schadstoffeintrag vorgegeben hat, sei auf dem falschen Dampfer. Richtiger wäre es, den Feinstaub an den Quellen zu bekämpfen.

Die Frage, ob sich der Senat nicht auf jeden Fall zusätzliche Maßnahmen einfallen lassen muss, wenn die Feinstaub-Grenzwerte überschritten werden, ist nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgericht vor 14 Tagen neu aufs Tapet gekommen. Ein Münchner hatte geklagt und durchgesetzt, dass seine Stadt etwas gegen den Feinstaub an seiner Straße unternehmen muss, wenn der Grenzwert überschritten wird. Die Stadt könne sich nicht darauf zurückziehen, dass der Aktionsplan Bayerns noch in Arbeit sei.

Mit seinem 2005 in Kraft gesetzten Aktionsplan wähnt sich der Senat auf der sicheren Seite. „Es gib nur einen Anspruch darauf, dass die Verwaltung fehlerfrei ihr Ermessen ausübt“, sagt ein Experte der Umweltbehörde. Mit dem Aktionsplan würden die Maßnahmen koordiniert. Einen Anspruch darauf, dass die Verwaltung in einem konkreten Fall eingreife, gebe es nicht. Gerichtlich überprüft ist diese Position noch nicht.

Schon 2005 hatte die GAL verlangt, „die Zufahrt von Dieselfahrzeugen ohne Filter in besonders belastete Gebiete zu beschränken, sobald sich dort eine Verletzung der Feinstaub-Grenzwerte abzeichnet“. 2005 lag die Belastung in der Habichtstraße an mehr als 35 Tagen bei mehr als 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. 2006 wurde der Grenzwert auch in der Max-Brauer-Allee überschritten. 2007 liegt die Belastung noch deutlich unter dem Grenzwert.

Die Umweltbehörde hält nichts von einer solchen „Umweltzone“ mit Fahrverboten für Stinker. Da Hamburg nur ein kleines Feinstaub-Problem habe, wäre das „unverhältnismäßig“, findet Manfred Schmid, ein Immissionsfachmann der Umweltbehörde: Der schmutzige Verkehr würde ausweichen und andere Gebiete belasten. Weil Ausnahmen nötig seien, wäre der bürokratische Aufwand hoch.

Nur 22 Prozent des Feinstaubs stammt nach Erkenntnissen der Behörde aus dem örtlichen Verkehr. 56 Prozent dagegen sei „Hintergrundbelastung“, überörtliche Luftverschmutzung.

Bundesweit gehörten die immer stärker verbreiteten Holzheizungen zu den größten Emittenten. Sie bliesen 24.000 Tonnen Feinstaub jährlich in die Luft, PKW und LKW 23.000 Tonnen. Klar ist, dass Hamburg von seiner Lage profitiert. Regnet und windet es, sind die Feinstaubwerte niedrig.

Für die Zukunft ist Staatsrätin Gundelach optimistisch. „Wir sind ziemlich sicher, dass wir die Norm bald einhalten werden“, sagt sie. An den Tagen jenseits der erlaubten 35 müsse die Belastung um vier bis fünf Mikrogramm gesenkt werden, sagt ihr Experte Schmid. Nach Prognosen des Umweltbundesamtes werde aber die Hintergrundbelastung in den nächsten Jahren um fünf Mikrogramm, die durch den Verkehr um drei Mikrogramm abnehmen. Lokale Verbesserungen brächten ein weiteres Mikrogramm. In der Summe wäre Hamburg dann auf der sicheren Seite.