Sozis unter sich

INTEGRATION Thilo Sarrazin macht sich Sorgen um Klaus Wowereits Niveau

„Sollte man es nicht doch einmal mit der ungeschminkten Wahrheit versuchen?“

Thilo Sarrazin, Integrator

Endlich hat die Berliner Morgenpost mal wieder einen Grund, ihren ganz eigenen Integrationsexperten Thilo Sarrazin aufs Titelblatt zu bringen: Stolz, aber auch erwartungs- und irgendwie hoffnungsvoll schaut der Ex-Finanzsenator und heutige Erfolgsautor da vom sonntäglichen Blatt nach oben – man ahnt, dass er von etwas Großem, etwas Besserem träumt. Und wer weiß, was dieser Mann sich darunter so vorstellt, will dann eigentlich gar nicht mehr mehr wissen.

Anders die Morgenpost: Für sie ist der Immer-noch-Sozialdemokrat und Autor des Buches „Deutschland schafft sich ab“, dessen Parteiausschlussverfahren am ganz besonderen Rassismusbegriff der SPD scheiterte, ein Held, ein Tabubrecher in Sachen Integrationsdebatte, und deshalb darf er auch das Buch des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, ebenfalls SPD, rezensieren, das dieser kürzlich zum Thema Integration veröffentlicht hat.

Und das, Titel: „Mut zur Integration. Für ein neues Miteinander“, ist natürlich ganz ganz schlecht, unterirdisch und intellektuell gar nicht zu vergleichen mit Sarrazins eigenem Bestseller. Wowereit, der vorschlägt, den Integrationsbegriff nicht ethnisch, sondern sozial zu definieren und damit zu einem neuen Entwurf eines gesellschaftlichen Miteinanders zu kommen, fehle eben „schlicht das geistige Niveau“, titelt die MoPo mit einem Sarrazin-Zitat.

Eine „Schönwetter-Mutmach-Fibel“ nennt der „Experte“ das Buch außerdem, das an manchen Stellen zwar „für den Berliner herzerwärmend“ sei, da man merke: „Klaus Wowereit liebt seine Stadt, und das ziert einen Regierenden Bürgermeister.“ Doch integrationspolitisch orientieren sollte sich Schönfärber Wowereit, ginge es nach Sarrazin, lieber nach beider Genosse Heinz Buschkowsky, Neuköllner Bürgermeister. Der habe „mit klarer Problemansprache“ bei den jüngsten Wahlen mehr Erfolg gehabt als die SPD sonst wo im Land, so Rezensent Sarrazin. Wowereit dagegen habe ja schließlich nicht einmal seinen eigenen Wahlkreis gewinnen können: „Sollte man es nicht doch einmal mit der ungeschminkten Wahrheit versuchen?“

Doch der so Geschmähte reagiert gelassen. Sarrazin habe offenbar „aus den Debatten der Vergangenheit nichts gelernt“, kontert Wowereit in der B.Z.: „Ihm geht es um Spaltung, mir um Zusammenhalt.“ Alke Wierth