Abbott gewinnt Abstimmung, Vertrauen gewinnt er nicht

AUSTRALIEN Der australische Premier Tony Abbott bleibt im Amt – wie lange noch, ist jedoch fraglich

AUS CANBERRA URS WÄLTERLIN

Der konservative Ministerpräsident Tony Abbott hat eine parteiinterne Vertrauensabstimmung gewonnen und damit seinen Regierungsposten gerettet, zumindest vorläufig. Auf einer Versammlung seiner Liberalen Partei in Canberra sprachen sich am Montag 39 Abgeordnete für seine Absetzung als Parteichef aus, 61 sagten ihm Unterstützung zu. „Katastrophal“ für den Premierminister, so ein Beobachter in Canberra.

„40 Prozent seiner Parteikollegen haben kein Vertrauen in ihren Chef“, fasste der Journalist Barry Cassidy die Situation zusammen. Es hätte für Abbott noch schlimmer kommen können, glaubt er. Viele Abgeordnete hätten bei der „geheimen“ Abstimmung in dem eng besetzten Raum wohl nicht gegen ihn gestimmt, weil sie fürchteten, ihre Kollegen könnten sie beim Schreiben beobachten. „Das Schiff hat beschlossen, mit dem Kapitän unterzugehen“, meinte ein Kommentator im öffentlichen Sender ABC.

Die meisten Kommentatoren sagten, Abbott könne schon in den kommenden Tage erneut herausgefordert werden. Als wahrscheinlichster Kandidat gilt der ehemalige Investmentbanker Malcolm Turnbull. Er sitzt als Kommunikationsminister im Regierungskabinett. Das ehemalige Führungsmitglied von Goldman Sachs Australien, der sich als progressiv denkender Liberaler bezeichnet, war 2009 nach einer Revolte des ultrakonservativen Flügels an der Parteispitze durch Abbott ersetzt worden.

Die Zustimmungswerte des Premiers sind in den letzten Monaten auf ein Rekordtief von 27 Prozent gefallen. Die Beliebtheit seiner Partei sank parallel dazu: Wären heute Wahlen, würde die oppositionelle Laborpartei problemlos die Macht übernehmen können. Und das kaum eineinhalb Jahre, nachdem sie die Regierung an die Konservativen hatte abtreten müssen. Abbott wird ein autokratischer Führungsstil vorgeworfen. So traf er mehrere wichtige Entscheidungen, ohne zuvor seine Minister konsultiert zu haben.

Abbott versprach in einer Rede an die Nation, sich zu „ändern“. Die meisten Kommentatoren meinten aber, der Politiker stehe auf verlorenem Posten. Nicht nur habe er den Bezug zur Realität verloren. Sein politisches Programm, vermischt mit einer stark neokonservativen Ideologie, mache den ehemaligen Priesteranwärter, späteren Preisboxer und Journalisten im Volk zutiefst unbeliebt. Sein auf Sparen und die Kürzung staatlicher Leistungen fokussierter Haushaltsplan wurde selbst von konservativen Beobachtern als „unfair“ gegenüber unteren Einkommensschichten gewertet.

Ein wachsendes Problem für Abbotts Glaubwürdigkeit ist seine Negierung des Klimawandels. Der Umweltexperte Giles Parkinson wertete das Ergebnis vom Montag deshalb als „Sieg für Klimwandel-Leugner“. Doch auch dieser Sieg dürfte alles andere als von Dauer sein.