Erfreuliches zu berichten

STAATSHAUSHALT In seiner Erklärung stellt Ministerpräsident Tsipras die ersten Maßnahmen der Regierung vor

VON JANNIS PAPADIMITRIOU

Für Tsipras-Wähler gibt es immerhin eine wichtige Erkenntnis: Erstmals seit vielen Jahren scheinen die Ärmsten und die Schwächsten der griechischen Gesellschaft im Mittelpunkt einer Regierung zu stehen: „Ab Mittwoch“ habe die Beseitigung der humanitären Katastrophe im Land die höchste Priorität, erklärte Tsipras in seiner Regierungserklärung im Athener Parlament. Das bedeute freie Unterkunft, Gratisstrom, kostenlose Mahlzeiten und auch kostenlose medizinische Versorgung für die Ärmsten.

Nach Berechnungen von Syriza-Wirtschaftsexperten kosten diese Sofortmaßnahmen rund 11 Milliarden Euro, die durch Umschichtungen im Staatshaushalt und durch Bekämpfung des illegalen Brennstoff- und Zigarettenhandels finanziert würden. Ansonsten lässt Tsipras seinen Ministern anscheinend die freie Wahl, wie sie am besten umschichten. Gesundheitsminister Panagiotis Kouroublis hätte da eine erste Idee für sein Ressort: Touristen, die sich in Griechenland aufhalten und ein öffentliches Krankenhaus aufsuchen, könnten gebeten werden, die Gebühren für eine ärztliche Untersuchung im Voraus zu bezahlen „wie das in England der Fall ist“. Dadurch kämen circa 25 Millionen Euro im Jahr zusammen und diese Gelder würden dringend benötigt im griechischen Gesundheitswesen, mahnte Kouroublis im TV-Sender Skai.

Auch für die Mittelschicht hatte Tsipras Erfreuliches zu berichten: Die seit August 2014 geltende Sonderabgabe für Immobilien, die sogenannte Enfia, würde abgeschafft und durch eine sozial gerechte Großgrundsteuer ersetzt. Die verhasste Immobiliensteuer wurde den bis vor Kurzem mitregierenden Konservativen und Sozialisten zum Verhängnis. Das Problem: Viele Hausbesitzer haben das Syriza-Wahlgeschenk gleich vorweggenommen und ihre Enfia-Ratenzahlung für 2014 einfach ausgesetzt. Sie werden jetzt ihre Zahlung nachholen müssen.

Die zentralen Wahlversprechen der Syriza-Wirtschaftspolitik, insbesondere die Anhebung des Mindestlohns auf Vorkrisenniveau und die Erhöhung des steuerfreien Einkommens auf 12.000 Euro jährlich, bleiben weiterhin auf der Agenda, würden allerdings nicht unverzüglich, sondern „bis 2016“ umgesetzt. Neue Einnahmen verspricht sich der linke Ministerpräsident insbesondere von der Bekämpfung der Korruption (siehe Text rechts). Zudem setzt die griechische Linke auf Sparmaßnahmen mit symbolischer Wirkung und Vorbildfunktion: Das „Beraterheer“ des Ministerpräsidenten werde um 30 Prozent gekürzt, versprach Tsipras. Zudem wird in allen Ministerien gespart, vor allem Dienstfahrzeuge stünden zum Verkauf.

„Die Regierung soll endlich in der Realität ankommen. Wir hören große Worte und Ziele, aber wir hören nicht, wie sie realisiert werden“, kritisierte der konservative Abgeordnete Giorgos Koumoutsakos. Die sozialdemokratische Politikerin Antigone Lyberaki hält die Regierungserklärung sogar für „reines Wunschdenken“.

Eine einträgliche Einnahmequelle hat Tsipras doch noch ausfindig gemacht: Die aus seiner Sicht noch offenstehenden Forderungen an Deutschland aus der Nazizeit. Ein Vorkämpfer für dieses Anliegen sei der 92-jährige Manolis Glezos, EU-Abgeordneter von Syriza und Symbolfigur des linken Widerstands, lobte Tsipras.

Unterstützung bekommt er von einer überparteilichen „Kommission zur Geltendmachung der Reparationsforderungen“ im Athener Parlament. Dieses Gremium werde nun verstärkt, so die neue Parlamentspräsidentin Zoe Konstantonpoulou nach ihrer Vereidigung am vergangenen Freitag.