STARALBUM: PAUL DANO
: Der Unauffällige

Schwarze Krawatte. Dunkelblaues Nadelstreifen-Jackett. Das passt nicht. Das ist kein Filmpremieren-Outfit. Paul Dano will nicht um jeden Preis gefallen. Was genau das Großartige an ihm ist.

Ein wenig bleich, Boxernase, rundes Gesicht. Paul Dano ist eher unauffällig. Einer dieser Schauspieler, dessen Gesicht man vielleicht vergessen mag. Nicht aber die Figuren, die er spielt: Den evangelikalen Prediger in „There Will Be Blood“, der dem kapitalistischen Irrsinn von Daniel Day-Lewis mit voller Wucht einen verstörenden protestantischen Fanatismus entgegenschleuderte. Den verstummten Bruder in „Little Miss Sunshine“. Den brutalen Plantagenaufseher Tibeats in „12 Years a Slave“. Und jetzt, im auf der Berlinale präsentierten „Love & Mercy“, das junge Popgenie, den „Beach Boys“-Kopf Brian Wilson, der in den sechziger Jahren immer verzweifelter mit psychischen Problemen ringt. Extreme Charaktere wie diese, das ist genau Danos Spezialität.

In der Highschool hätte er immer so getan, als würde er die Musik von Wilsons gefeiertem Album „Pet Sounds“ verstehen, sagt Dano auf der Pressekonferenz. Im Film singt und spielt er sie selbst – so gut, dass „Love & Mercy“-Regisseur Bill Pohlad sich entschied, die Original-Tracks mit Wilsons charakteristischer Falsettstimme erst langsam zu überblenden.

Auf der Pressekonferenz gibt Dano nicht den Charmeur. Wirft der Presse keine schmissigen Soundbits hin. Der 30 Jahre alte New Yorker ist eher der Typ Studiomusiker als die Rampensau. Bescheiden. Kein romantic interest, um das sich die Klatschpresse reißt. Eher jemand, mit dem man in einer Bar gern über Drehbücher und Literatur fachsimpeln würde. Schließlich hat der Mann darin einen Uniabschluss. Ach – er ist übrigens tatsächlich Frontmann einer kleinen Rockband.

Fast schon ein Streber ist er: Broadway-Debüt mit 12, mit 17 eine vielgelobte Darstellung eines Teenagers, der sich auf einen Pädophilen einlässt. Einer, über den man gerne schreiben würde, dass er eben nur anspruchsvolle Filme dreht. Bis man auch Auftritte in „Cowboys vs. Aliens“ und „Looper“ in seiner Filmografie findet.

Doch was Paul Dano anfasst, das macht er anständig. Wer Brian Wilson spielen will, der trifft ihn nicht und versucht ihn zu imitieren, sondern lernt erst mal seine Songs. Rollenvorbereitung im Dano-Stil. Und das Ergebnis? Mal wieder hochanständig. Was sonst. MEIKE LAAFF