Bau der Fehmarnbrücke bleibt unsicher

Neue Berechnungen sagen milliardenschwere Zusatzinvestitionen voraus. Erwartet werden wachsende Verkehrsströme zu Land – und die Mehrheit der Bevölkerung will Dänemark nicht als Transitland sehen

Das „Memorandum of Understanding“ zum Bau einer Fehmarnbrücke, auf das sich Ende Juni die Verkehrsminister Deutschlands und Dänemarks geeinigt haben – es ist womöglich nicht mehr wert als das Papier, auf dem es steht. In Dänemark, das wegen der deutschen Weigerung, sich an den Kosten zu beteiligen, ja allein für die Finanzierung stehen soll, wird das Projekt zunehmend in Frage gestellt.

Neue Untersuchungen, über die jetzt die dänische Technikzeitschrift Ingeniøren berichtet, sagen nämlich eine Kette milliardenschwerer Folgeinvestitionen voraus, die man bislang überhaupt nicht in die Planungen einbezogen hat. Und prophezeien den DänInnen – und das würde dann gleichermaßen für den sich anschließenden Transitkorridor in Norddeutschland gelten – eine Zukunft als Durchgangsland für Güterverkehr. Ein Zustand, von denen ihnen die vom Alpentransit geschädigten AnwohnerInnen der Schweiz und Österreichs ein Lied singen können.

Die Verlagerung des Gütertransports weg von Schiffen und Fähren auf Schiene und vor allem Straße wird das Verkehrsaufkommen demnach spätestens fünf bis zehn Jahre nach Fertigstellung der Fehmarnbrücke so anschwellen lassen, dass die bislang geplante Anschlussinfrastruktur – durchgängige Autobahn und zweigleisiger Schienenverkehr – nicht mehr ausreicht. „Der Druck wird dann so groß sein, dass die sowieso schon stark belasteten Straßen, Schienen und Brücken im Raum Kopenhagen damit nicht mehr klarkommen werden“, prophezeit der Verkehrsexperte Finn Bo Frandsen gegenüber Ingeniøren. Praktisch im ganzen 200 Kilometer langen Transportkorridor zwischen Deutschland und Schweden müsste neue Infrastruktur angelegt werden, bis hin zu einem weiteren Tunnel- oder Brückenbau zwischen Dänemark und Schweden, da auch die jetzige Öresundbrücke den zusätzlichen Transitverkehr nicht bewältigen könne.

Die DänInnen stehen damit vor der Aussicht, nicht nur eine Brücke allein finanzieren zu sollen, sondern sich auch zusätzlich einen – ebenfalls selbst zu bezahlenden – Durchgangsverkehrskorridor ins Land zu holen, von dem letztendlich vorwiegend die skandinavischen Nachbarländer und Deutschland profitieren würden. Kein Wunder, dass sich die Begeisterung darüber in Grenzen hält. Eine Mehrheit der DänInnen hatte sich schon vor Bekanntwerden der jetzigen Konsequenzberechnungen gegen das Projekt ausgesprochen. Dessen Finanzierung im Übrigen ja auch noch in den Sternen steht.

Eine nicht unerhebliche Rolle für das weitere Schicksal des Projekts Fehmarnbelt-Brücke könnte spielen, dass deren größter Befürworter, der dänische Verkehrsminister Flemming Hansen, der die Fehmarnverbindung zu seinem ganz persönlichen Prestigeprojekt gemacht hatte, inzwischen nicht mehr im Amt ist. Bei einer im September von Ministerpräsident Rasmussen vorgenommenen Regierungsumbildung musste Hansen einigermaßen überraschend das Kabinett verlassen. REINHARD WOLFF