Verbotene Früchtchen

ENERGIEWENDE Der persönliche ökologische Fußabdruck lässt sich leicht im Internet erstellen – und liefert erstaunliche Einsichten in die Folgen unseres Konsumverhaltens

■ Carbon Footprint Projekt: www.pcf-projekt.de

■ CO2-Rechner: http://www.klimaktiv.de/co2rechner.html

■ Energiespartipps und CO2-Rechner des WWF: www.wwf.de

■ Klimaschutzkampagne des Bundesumweltministeriums: www.klima-sucht-schutz.de (mp)

VON MICHAEL PÖPPL

Die spanischen Erdbeeren im Regal des Gemüsehändlers leuchteten einladend rot. „Die müssen Sie probieren!“, sagte der Verführer mit der grünen Schürze. Erdbeeren im Februar? Aber die verbotenen Früchtchen aus der blauen Plastikschale schmeckten tatsächlich genauso gut wie sie aussahen. Das war der Sündenfall, das schlechte Gewissen kam erst zu Hause.

Nach den Berechnungen des „Carbon Foot Projekt“, durchgeführt von Klimaforschern aus Berlin und Potsdam, verursacht eine einzige 500-Gramm-Schale Erdbeeren aus Spanien einen Ausstoß von 442 Gramm Kohlenstoffdioxid (CO2). Das ist so viel, wie ein Mittelklassewagen bei drei Kilometern Fahrt ausstößt. Verantwortlich für die hohen Werte sind dabei vor allem der weite Lkw-Transport, die in Spanien viel verwendeten Plastikabdeckungen und -verpackungen. Dazu kommen Umweltbelastungen durch Dünger, Heizkosten von Treibhäusern und Energie für die Kühlketten. Immerhin: Wären die Erdbeeren gar per Flugzeug aus Südafrika gekommen, wären für eine einzige Schale sogar Emissionen von 11.600 Gramm CO2 entstanden. Das Carbon Foot Projekt untersuchte ab 2008 die CO2-Werte verschiedener Waren von der Produktion bis hin zur endgültigen Entsorgung. Unter anderem entstanden auch Fallstudien zu Kaffee, Getränkekartons, Tiefkühlfertiggerichten oder Toilettenpapier.

10,63 Tonnen CO2 verursachte der Durchschnittsdeutsche im Jahr 2013 gesamt. Neben den Emissionen aus Industrie und Verkehr wurden knapp 18 Prozent der Emissionen allein von den Privathaushalten verursacht, so das Bundesumweltamt. In Zeiten, in denen globale Erwärmung und Klimaschutz tägliche Themen in den Nachrichten sind, ist es gut, selbst zu wissen, welchen Anteil man selber daran hat: Den persönlichen CO2-Fußabdruck kann man leicht in einer Viertelstunde im Internet errechnen. Berücksichtigt werden Faktoren wie Wohnen, Mobilität, Ernährungsgewohnheiten oder Art der Urlaubsreisen. Anhand der eigenen Zahlen, Tabellen und Grafiken im Netz bekommt man buchstäblich vor Augen geführt, wie viel zum Beispiel allein das Verwenden von Energiesparlampen oder der Verzicht auf Flugreisen in der persönlichen Energiebilanz ausmachen. Deutlich wird auch: Mit vielen kleinen Schritten lässt sich der persönliche CO2-Fußabdruck bereits verringern, die Empfehlungen des Bundesumweltministeriums (BMU) und unabhängiger Organisationen wie Greenpeace oder World Wide Fund for Nature (WWF) sind sich da ausnahmsweise einig: So zum Beispiel der Verzicht auf Flugreisen, die verursachen 115 Kilo CO2 pro 500 Kilometer, die gleiche Strecke Bahnfahrt produziert 24 Kilo CO2, also knapp ein Fünftel.

Was die wenigsten Verbraucher wissen: Rund 15 Prozent der privaten CO2-Emissionen haben mit unserer Ernährung zu tun. Denn bei jedem unserer Einkäufe häufen wir zusätzliche Kohlenstoffdioxidbelastung auf unserem persönlichen Umweltkonto an. Als schlichte Regeln gelten: Je weiter das Lebensmittel transportiert wird, je intensiver es angebaut und verarbeitet wird, je aufwendiger es verpackt ist, desto mehr wächst der CO2-Ausstoß, der für seine Produktion nötig ist. Und gerade beim Essen kann man enorm Treibhausgase sparen, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Allein die Produktion eines Kilo Rindfleischs schlägt mit 13.000 Gramm CO2 zu Buche, die Herstellung von einem Kilo Salami mit rund 8.000 Gramm CO2. Unmengen von Futtermitteln für die Tiere, erhöhter Düngereinsatz in der Landwirtschaft und die intensive Verarbeitung der Fleischprodukte sind für diesen hohen Ausstoß verantwortlich. Grob gesagt verursacht die Herstellung eines Kilo Fleischs so viel CO2 wie die Herstellung von 10 Kilo Gemüse. Eine Reduzierung um 70 Prozent des Fleischkonsums der deutschen Haushalte, verbunden mit weniger Lebensmittelmüll, könnte allein eine jährliche Einsparung von 67 Millionen Tonnen an Treibhausgasemissionen bringen, so eine Untersuchung des WWF von 2012. Eine gewaltige Menge, die immerhin dem Gesamtausstoß Portugals entspricht.

Frisch zu kochen ist effektiv und schmackhaft. Fertignahrung schneidet schlecht ab

Man muss jetzt nicht gleich Vegetarier werden. Allein ein persönlicher Veggieday sowie der alleinige Kauf von regionalem und saisonalem Obst und Gemüse (150–500 Gramm CO2 pro Kilo) sind effektiv fürs CO2-Konto und verringern den globalen Fußabdruck immens. Frisch zu kochen ist ebenso effektiv wie schmackhaft, das empfehlen sämtliche Studien. Der Verzicht auf aufwendig produzierte Fertignahrung in ebenso aufwendigen Alu-Verpackungen oder das Weglassen von Tiefkühlkost hilft beim CO2-Sparen ebenso, wie das Verwenden von Pfandflaschen, die 40 Prozent weniger Treibhausgas als Einwegflaschen verursachen. Viele kleine Schritte zu einem ausgewogenen globalen Fußabdruck.

Dazu kommt noch ein Tipp: Kaufen Sie wenn möglich bio! „Je nach Lebensmittelart verursacht biologisch erzeugte Ware im Schnitt 5 bis 25 Prozent weniger CO2-Emissionen als das konventionell erzeugte Pendant“, so das Klimabündnis Köln. Das mag den Geldbeutel oberflächlich betrachtet etwas mehr belasten, das bessere Gewissen ist aber einfach unbezahlbar.