hamburger szene
: Mitleid

Noch mal durch die Einfahrt, die nach Hundepisse riecht, raus aus dem Regen und Gewitter zu dem überdachten Teil des Innenhofs, wo die Räder stehen. Aus dem Augenwinkel bemerke ich die Taube, die hinter den Fahrrädern vorbeiflitzt. „Wo die alles hingeraten“, wundere ich mich, und schließe mein Rad ab.

Bei genauerem Hingucken ist die Taube auch froh darüber, aus dem Regen gekommen zu sein. Ihr Gefieder ist aufgeplustert, so als wolle sie sich entweder wärmen oder sterben: Wenn sie läuft, dann läuft sie auf zwei Stumpen, wo einmal ihre Füße waren. Argwöhnisch sieht sie mich an und ich sie mitleidsvoll, und ihre Augen glühen rot und sie weiß nicht, ob sie so tun sollte, als gebe es mich nicht oder nicht doch lieber flüchten, und ich will nicht, dass sie stirbt, und frage mich, wo die Millionen Taubenleichen, die doch täglich anfallen müssten, denn abbleiben. Ich spreche ihr aufmunternde Worte zu, ähnlich denen eines Motivationstrainers für seine Manager beim Felsenklettern.

Beim Weggehen trete ich dann beinahe in ihren Kot, und das bestärkt mich der Annahme, dass sie geschwächt ist, denn sonst würde sie den bestimmt nicht so achtlos rumliegen lassen. Ich überlege, ob im Müllraum vielleicht noch ein paar Kanten Brot sind, die ich ihr geben könnte.REBECCA CLARE SANGER