Michael Timm, Million-Dollar-Coach
: Das menschliche Antlitz

MICHAEL TIMM, 44, wurde 1985 Europameister bei den Amateuren. Seit 1986 ist er Trainer, seit 1997 bei Universum.

Die Trainingshalle des Universum-Boxstalls in Hamburg-Wandsbek erinnert an den Film „Million Dollar Baby“. „Härte, Schweiß und die Arbeit des Boxens“ seien hier spürbar, sagt Universum-Chef Klaus-Peter Kohl.

Für die Rolle von Clint Eastwood, der im Film eine Frau gegen alle Widerstände zum Box-Champion macht, ist seit zehn Jahren Michael Timm engagiert. Sieben Weltmeister sind in seiner Trainingsgruppe, darunter mit Nina Menzer und Julia Sahin zwei Boxerinnen. Mit seiner offenen Art erscheint der 44-Jährige vielen als das menschliche Antlitz des Boxgeschäfts.

Wie jeden Morgen ist Timm frühmorgens mit dem Auto aus seinem Wohnort bei Schwerin gekommen. Am Getränke-Automaten gönnt er sich erst mal eine Tasse Kaffee: „Meine Gruppe ist im Moment ein richtig tolles Erlebnis“, schwärmt er. Es sind sehr unterschiedliche Charaktere, die er unter seinen Fittichen versammelt. Da ist Heißsporn Jürgen Brähmer, den er von 1999 bis heute durch Knastzeiten, Krisen und Rückschläge hindurch bis kurz vor den WM-Thron führte. Da ist der ruhige, fast stoische Ruslan Chagayev, den er zum WM-Sieg über den als unbesiegbar geltenden Riesen Nicolai Walujew coachte. Da ist Sonnyboy Felix Sturm, der immer auf dem schmalen Grat zwischen Selbstbewusstsein und Überheblichkeit wandelt.

Egal wie Sturms Titelverteidigung im WM-Kampf gegen Herausforderer Randy Griffin aus den USA am kommenden Samstag ausgeht – am Sonntag wird Timm kein Wort über Boxen reden. Stattdessen wird er mit der Enduro durchs Gelände heizen und mal wieder ein langes Gespräch mit Ehefrau Konstanze führen. Aber am Montagmorgen klingelt um fünf der Wecker: „Von meinen Jungs wird immer mehr Leistung erwartet, da kann ich doch nicht weniger arbeiten. Ich weiß, dass die mich alle brauchen.“

Der Spiegel hat ihn mal als „Frauentyp und Riesenbezwinger“ bezeichnet. Sobald er über seine „Jungs“ redet, möchte man „Kumpeltyp und Herbergsvater“ hinzufügen. Und auch mal zum gemeinsamen Grillabend eingeladen werden. RALF LORENZEN