LESERINNENBRIEFE
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Die Intelligenz der Frauen

■ betr.: „Die Sonntazfrage. Verspielen Quoten-GegnerInnen die Zukunft?“, taz vom 22. 10. 11

Als ich 1955 nach Frankreich heiratete und wir zunächst in Paris lebten, war ich überrascht, wie viele junge Frauen (und Mütter!) berufstätig waren. Und was sagte mein Mann dazu? „Hier in Frankreich weiß man, wie wichtig die Intelligenz der Frauen ist!“ Tja, und in Deutschland wird man wohl die Quote brauchen…

ASTRID GUESNET, Bergisch-Gladbach

Ein schiefer Vergleich

■ betr.: „Heiratsdiskurs. Frau ohne Eigenschaften“ von Katharina Granzin, taz vom 22. 10. 11

Lassen wir es einmal dahingestellt sein, dass Jeffrey Eugenides tatsächlich einen „viktorianischen Roman“ schreiben wollte, wie Katharina Granzin in ihrer Besprechung behauptet. Dann sollte sie allerdings den richtigen Maßstab heranziehen: Jane Austen, die hier ausgiebig in Anspruch genommen wird, ist keine viktorianische Schriftstellerin. Sie gehört entschieden ins 18. Jahrhundert und starb zwei Jahre, bevor Königin Viktoria überhaupt geboren wurde!

Unter dem viktorianischen Roman versteht man normalerweise eher Werke von Charles Dickens, William Thackeray und George Eliot; Geschichten mit einem Kampf zwischen Gut und Böse und einer deutlichen Moral. Die Bronte-Schwestern überlappen zwar in der Lebenszeit teilweise mit der moralinsauren Viktoria, gehören aber eher ins romantische Zeitalter des englischen Romans. Auch Mrs. Gaskell, älter als Viktoria, hat bestenfalls ein Zwitterposition inne. Von der zentralen These der Kritik bleibt bei Betrachtung dieser Fakten nicht viel übrig. Zumal die Beschreibung der Welt, in der Eugenides’ Personen agieren, mit der des vor-viktorianischen oder viktorianischen Zeitalters wenig gemeinsam hat. Ein schiefer Vergleich ist halt kein brauchbarer Vergleich. SYLVIA GRIFFIN, Panketal

Jede/r spricht für sich selbst

■ betr.: „Zum Scheitern verurteilt“, „Zeit zur Spaltung“, taz vom 22. + 24. 10. 11

Da die „Analyse“ der Occupy-Bewegung, in der Herr Dachsel selbige bereits in der Überschrift „zum Scheitern verurteilt“ (Sonntaz vom 22. 10. 11), doch sehr unausgewogen daherkommt, möchte ich die Gelegenheit nutzen, einige Dinge klarzustellen.

Nein, auch ich bin kein Pressesprecher der Bewegung, aber ich habe die letzten Tage im Camp vor der Europäischen Zentralbank verbracht und bin gelinde gesagt überrascht über die Meinung, die die taz seit neuestem über Occupy verbreitet. Wer – wie Herr Dachsel – davon überzeugt ist, Occupy sei von der Zeitgeist-Bewegung „gekidnappt“ worden, hat eine zentrale Eigenschaft der Bewegung falsch verstanden: Occupy ist keine Organisation und wird weder von Zeitgeistlern noch von sonst irgendwem geleitet. Entscheidungen werden im Konsens und nicht von irgendwelchen „Gurus“ getroffen. Dass in den Versammlungen Meinungen und nicht die sie vertretenden Personen oder deren Mitgliedschaft in anderen Vereinen diskutiert werden, gilt für Parteimitglieder genauso wie für Zeitgeistler. Die damit einhergehende Verantwortung für die Äußerungen wird entgegen der Meinung von Herrn Kaul („Zeit zur Spaltung“, taz vom 24.) sehr wohl wahrgenommen. Deshalb wird auf den Mobilisierungsflugblättern zur Demo am 22. ebenso wie bei der Abschlusskundgebung und bei fast jeder Versammlung darauf hingewiesen, dass die Bewegung sich von jeglichem Rechtspopulismus und allen Arten von Menschenfeindlichkeit distanziert.

Es ist eben dieses Politikverständnis – dass jeder für sich selbst spricht, ohne sich von einem „Zentrum der Entscheidungsfindung“ vertreten zu lassen, wie Herr Dachsel es fordert – für das Occupy steht. Das bedeutet nicht, dass die Bewegung einfach „in Ruhe zelten“ will, sondern dass sie sie sich genau darüber empört, die „machtlose Peripherie“ zu sein, was Herr Dachsel hingegen als gegeben hinnimmt. Name ist der Redaktion bekannt